Spezialist für Verdi-Partien

Bariton Renato Bruson ist 75

Seit Jahrzehnten zählt der italienische Bariton Renato Bruson zur Spitze des internationalen Opernbetriebs. Die Mailänder Scala zählte ebenso zu seinen Stammhäusern wie das Royal Opera House Covent Garden oder die Wiener Staatsoper. Am 13. Jänner 2011 feiert Renato Bruson seinen 75. Geburtstag.

Auf 50 Jahre weltweite Karriere kann er zurückblicken, war zuletzt im vergangenen September als Padre Germont in Verdis "La Traviata" in Wien zu erleben.

Kulturjournal, 13.01.2011

Sein samtig weiches Timbre, sein selbstverständliches Legato, die Kunst, auch die sogenannten dramatischen Partien, die heute so gerne im Forte durchgeorgelt werden, zu phrasieren - all das macht Renato Brusonzu einem der nobelsten Vertreter seines Faches, zu einem unverzichtbaren Bestandteil des gestrigen und auch noch ein bisschen des heutigen Opernlebens.

"Musik ist kein Beruf"

Renato Buson wurde vor 75 Jahren in dem kleinen Ort Granze bei Padua geboren, wo der Wunsch, Sänger zu werden, zunächst mit Skepsis aufgenommen wurde:

"Man hat mich nicht besonders unterstützt", erinnert sich Bruson. "Es gab Widerstände von allen möglichen Seiten, besonders von meinen Verwandten. Damals war es auf dem Land so, dass man in jemandem, der Musik zu seinem Beruf machte, einen sah, der nicht arbeiten wollte. So sah ich mich von Anfang an mit der Frage konfrontiert, wann ich endlich einen seriösen Beruf ergreifen würde. Als seriös gelten bei uns auf dem Land Beamte, Bankangestellte. Musik wird nicht als Beruf angesehen."

Gott sei Dank setzte sich Renato Bruson durch und debütierte 1961 als Luna in "Il Travatore" am Teatro Sperimentale von Spoleto. Und obwohl er zunächst aktiv an der Donizetti-Renaissance Italiens beteiligt und vor allem in diesem Fach zu hören war, machte er doch mit den großen Verdi-Partien Karriere.

1977 erstmals an der Wiener Staatsoper

1970 sang er erstmals unter Riccardo Muti in einer Produktion von "Un ballo in maschera" im Teatro Comunale in Florenz. Das war der Beginn einer über Jahrzehnte dauernden Zusammenarbeit. Zwei Jahre darauf debütierte er an der Mailänder Scala; der internationale Durchbruch folgte 1975 als Graf René Ankarström unter Claudio Abbado am Londoner Royal Opera House Covent Garden. Im selben Jahr fand auch sein Debüt in den Vereinigten Staaten statt.

An der Wiener Staatsoper war Renato Bruson am 18. März 1977 erstmals als Carlo in "La Forza del destino" zu hören gewesen. Seither sang der Bariton über 200 Mal am Haus am Ring - vorwiegend Verdi-Partien, aber auch Opern von Donizetti oder Puccini.

Kein Nachfolger in Sicht

Renato Bruson setzte Maßstäbe: Sein Vater Germont (war zuletzt in dieser Saison an der Wiener Volksoper zu hören) war so nobel wie kein anderer, aber auch Jago, Stankar in "Stiffelio", die beiden Don Carlos aus "Ernani" und "La forza del Destino" oder Simone in "Simon Boccanegra" zählten zu seinen ganz großen Partien.

Nachfolger wurden oft gesucht, aber bis heute nicht gefunden. Und er selbst will heute, nach 50 Jahren Karriere, einen guten und freiwilligen Schlussstrich ziehen, seine Zeit einem ausgedehnten Meisterklassenprojekt für junge, talentierte Sänger widmen, das in der Nähe von Rimini angesiedelt sein und den jungen Künstlern den Einstieg in die Karriere erleichtern soll.

Textfassung: Red.