Sorge um den Euro

Karas-Appell: "Druck auf Nein-Sager"

Seit Wochen läuft in der Europäischen Union die Diskussion, welche Maßnahmen geeignet sind, die Vertrauenskrise in den Euro auf Dauer zu beheben. ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas ruft jetzt im Ö1 Interview zu gemeinsamem Druck der Abgeordneten auf zögernde EU-Staaten wie Deutschland und Österreich auf.

Morgenjournal, 19.01.2011

Nein-Sager Berlin und Wien

Die Vorschläge gehen von gemeinsamen Staatsanleihen aller Euroländer, wie das Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker verlangt, bis zu einer deutlichen Vergrößerung des Euro-Rettungsschirms, die Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso vorschlägt. Doch Deutschland hat bisher zu all diesen Vorschlägen nein gesagt, die österreichische Bundesregierung schließt sich regelmäßig der ablehnenden Haltung der deutschen Kanzlerin an.

Gefährliches Zögern

Als Vertreter der Europäischen Volkspartei arbeitet Othmar Karas im Sonderausschuss des Europaparlaments an einem fraktionsübergreifenden Konzept zur Bekämpfung der Finanzkrise. Die zögernde Haltung vieler Regierung sieht er als gefährlich an, weil die so belastenden Turbulenzen der Finanzwelt noch lange nicht überwunden sind. Daher würden "natürlich" europäische Anleihen benötigt, um europäische Projekte zu finanzieren, sagt Karas. "Wir brauchen ein erhöhten EU-Budget, das der Bedeutung des Euros entspricht", so Karas. Außerdem müsse der Euro-Schutzschirm erweitert werden, sowohl was die Kompetenzen als auch die Flexibilität der Vergabe und der verfügbaren betreffe.

Schutzschirm demokratisieren

Zu gemeinsamen Staatsanleihen der Euro-Ländern, den sogenannten Eurobonds, die von Deutschland und Österreich zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgelehnt werden, sieht Othmar Karas auf die Dauer keine Alternative. "Langfristig wird der Schutzschirm zu einer Dauereinrichtung", so Karas. Er müsse aufgestockt und zu einem "europäischen Währungsfonds" entwickelt werden. Außerdem werde dieser Schutzschirm zu einem "Umschuldungsinstrument" werden und teilnehmen müssen an der Vergabe von Euro-Anleihen. Und er müsse auch demokratisiert werden - durch Kommission, Parlament, Europäische Zentralbank (EZB) und Rechnungshof. "Europa muss sich zu den Vereinigten Staaten von Europa entwickeln."

Karas' Appell

Aber Deutschland und andere EU-Staaten, auch Österreich, stehen auf der Bremse. Um einen Meinungsumschwung herbeizuführen, setzt ÖVP-Abgeordneter Othmar Karas auf gemeinsamen Druck aus allen Parteien und allen Ländern. Das sei das Ziel des Sonderausschusses zur Finanz- und Wirtschaftskrise. Karas appelliert an alle Mitglieder, auch an Österreich: "Überbrückt die nationalen Strategien und Taktiken, überbrückt die parteipolitischen Ängste vor den nächsten Wahlen, übernehmt Verantwortung." Tatsächlich haben sich die Europaabgeordneten bisher kaum in die zum Teil heftige Orientierungsdiskussion um die Zukunft des europäischen Finanzsystems eingeschaltet.