"72 Stunden" mit Russell Crowe

Gutes wollen, Schlechtes tun müssen

Mit Filmen wie "L. A. Crash" und "Im Tal von Elah" gehört Oscar-Preisträger Paul Haggis zu jenen Regisseuren in Hollywood, die Unterhaltung im Kino durchaus mit Anspruch und Reflexion zu verbinden wissen. So auch in Haggis´ neuestem Film "72 Stunden - The Next Three Days", ein Justizthriller mit Russell Crowe in der Hauptrolle.

Kultur aktuell, 19.01.2011

Die Verhaftung ist nur eine Sache von wenigen Minuten, und von einem Moment auf den anderen bricht eine Familienidylle zusammen. Fingerabdrücke auf der Mordwaffe, Blut des Opfers auf dem Mantel und schon sitzt die Mittdreißigerin Lara (Elizabeth Banks) im Gefängnis. Mordanklage. Perspektive. Das kann Laras Ehemann John (Russell Crowe) nicht akzeptieren.

Ausbruch geplant

Der Film "72 Stunden" ist eine Mischung aus Thriller und Gefängnisdrama, doch klärt Regisseur Paul Haggis nicht zuvorderst die Schuldfrage, sondern interessiert sich vor allem für die psychischen Hintergründe einer fast ausweglosen Situation. Der Glaube an die Gerechtigkeit weicht einem verzweifelten Vorhaben: John plant ihren Ausbruch. Motiv: bedingungslose Liebe. Wie weit wird er dabei gehen, Wie weit muss er sich dabei selbst verändern? Wird er dabei zu einem Menschen, den die Frau letztlich gar nicht mehr lieben kann? Das wären die entscheidenden Fragen, so Regisseur Paul Haggis.

Moralisches Dilemma

Hier ist kein cooler Kinogangster am Werk, sondern ein Englischlehrer mit vielen Ängsten und keiner Alternative, einer, der auch langsam und schmerzhaft lernen muss, wie man Schlösser knackt und sich falsche Papiere besorgt. Ein Mensch, der das Richtige und Gutes tun will und dabei Schlechtes tun muss. Paul Haggis spitzt das moralische Dilemma seiner Hauptfigur nach und nach zu, beweist wieder einmal sein Faible für soziale Grauzonen jenseits von Schwarz-Weiß-Betrachtungen, bleibt mit seiner soliden Inszenierung aber weitgehend innerhalb Genrekonventionen.