Dem "Ungeheuer" Reverenz erweisen

Claus Peymann über Thomas Bernhard

Thomas Bernhard hatte zeitlebens viele Feinde und hat jetzt viele Freunde, Anhänger und Verehrer. Der Regisseur, der wohl am engsten mit Bernhard verbunden war, ist Claus Peymann; er hat fast alle Uraufführungen Bernhards inszeniert und war ihm viele Jahre lang in Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden.

Kulturjournal, 04.02.2011

Katharina Menhofer im Gespräch mit Claus Peymann

19 Jahre lang, von 1970 bis zu Bernhards Tod 1989, hat die intensive und bewegte Arbeitsbeziehung zwischen Peymann und Bernhard gedauert. Acht Uraufführungen, viele davon ein Skandal, hat Peymann Thomas Bernhard geschenkt - oder umgekehrt. Bernhard hatte diese Aufführungen als die "endgültigen" und die "einzigen" bezeichnet, sagt Peymann: "Er wollte ja gar nicht, dass seine Stücke von anderen Regisseuren gemacht werden".

"Kurz vor einer Saalschlacht"

Begonnen mit "Ein Fest für Boris" in Hamburg, über "Der Ignorant und der Wahnsinnige", das nach der Premiere in Salzburg abgesetzt wurde wegen der umstrittenen Regieanweisung um das Notlicht, über die Entrüstung nach dem "Theatermacher" bis hin zur legendären "Heldenplatz"-Premiere im November 1988.

Das Original-Applausband von diesem Abend bezeichnet Peymann als "Dokument. Die Leute haben 30 Minuten lang geschrien. Das war kurz vor einer Saalschlacht."

Mit "Einfach kompliziert", ein Stück das jetzt im Februar am Akademietheater und am Berliner Ensemble gezeigt wird, legt Peymann jetzt seine letzte Bernhard-Inszenierung vor. Ein angemessenes Geburtstagsgeschenk mit Gert Voss in der Hauptrolle. "Ich hoffe, dass meine Aufführung mit dem Gert böse und rührend zugleich wird, erschreckend und zum Verlieben. (...) Etwas von diesem Ungeheuer (Bernhard, Anm.) bleibt in mir wach." So wach, dass ihm Bernhard manchmal sogar im Traum erscheine, sagt Peymann.

Kultur aktuell, 04.02.2011

Befürchtung und Freude

Lesereihen, Fotoausstellungen, Buchneuerscheinungen und zahlreiche Sendungen im gesamten deutschen Sprachraum würdigen in den kommenden Wochen den einstmals als "Nestbeschmutzer" beschimpften Autor.

"Dieser Verharmlosungsprozess, dass da irgendwelche Landeshauptleute oder irgendwelche Kunstminister und irgendwelche Staatskammer- und Hofschauspieler sich jetzt mit Bernhard schmücken und ihm die Zähne ziehen, das hätte ihn sicher wahnsinnig gemacht, und das hat er befürchtet", sagt Peymann. "Aber natürlich war auch Bernhard eitel und natürlich würde es ihn wahnsinnig freuen, dass ihn jetzt so viele Menschen lieben."