Tilda Swinton in "I Am Love"

Die Modedynastie Recchi

Wenn es in letzter Zeit Nachrichten über den italienischen Film gegeben hat, dann vor allem im Zusammenhang mit Kürzungen in der Filmförderung. Ab 11. Februar 2011 ist nun mit "I Am Love" wieder einmal eine italienische Filmproduktion in den heimischen Kinos zu sehen.

Tilda Swinton, die für den Film Italienisch gelernt hat, spielt darin die Ehefrau des Oberhauptes einer alteingesessenen Mailänder Modedynastie.

???

Wenn sich Emma Recchi den Armschmuck umlegt, klingt es, als würden sich Handschellen schließen. Vor Jahren hat sie ihre Heimat Russland verlassen, um ihr Leben an der Seite von Tancredi Recchi zu verbringen. Ihre Heimat ist nur noch Erinnerung, und das Leben in der Modemetropole Mailand wie ein Käfig für sie.

Gespräche mit Tancredi reduzieren sich auf ritualisierte Floskeln, und auf dem Foto, das sie gemeinsam mit ihrem Mann zeigt, telefoniert dieser. Schlafwandlerisch bewegt sie sich durch die endlosen Gänge der Villa, eingehüllt in Stoffe, die in der Familie Recchi für vieles stehen: für Tradition und Stolz, Reichtum und eine verpflichtende Geschichte.

Jeder in dieser Familie müsse sich mit einem Regelwerk arrangieren, das vorschreibt, wie man denkt, was man sagt, aber auch wo man zur Schule geht oder wen man heiratet, so Tilda Swinton. Jeder in diesem Milieu müsse auch Schauspieler sein, um darin zu bestehen.

Dem Alltag entfliehen

Regisseur Luca Guadagnino fängt die Welt der Recchis in zahllosen Schwenks und Kamerafahrten wie einen schwindelerregenden, mal dramatischen, mal starren Tanz ein. Er isoliert immer wieder Figuren, folgt Blicken und spielt mit der Farbgebung im Bild, die immer dann intensiver wird, wenn Emma diesem für sie so einengenden Alltag entfliehen kann, und sei es nur in Gesprächen: Da ist zum einen ihr Sohn Eduardo, ihre Tochter Betta, die vor der restlichen Familie eine lesbische Beziehung verschweigen muss, und schließlich Antonio, ein mit Eduardo befreundeter Koch.

Emma verliebt sich in den jungen Koch. Antonios Gerichte wecken in ihr Erinnerungen und Sehnsüchte, und Guadagnino inszeniert dabei die Speisen wie ein Vorspiel dieser Liebe. Als roter Faden zieht sich dabei die Geschichte des Unternehmens durch den Film, das nach dem Tod des Großvaters von Emmas Mann und ihrem Sohn Eduardo übernommen, und am Ende schließlich verkauft wird. Die Zeiten ändern sich.

Mailand als Metapher

In der Art, wie Guadagnino dabei architektonische Elemente, Steinskulpturen und die Betonwüste Mailands als farblose eisige Welt mit den Figuren des Films in Verbindung setzt, erinnert an Michelangelo Antonioni, der in Filmen wie "L'eclisse" oder "La notte" die Architektur der Stadt immer wieder als Metapher nutzte. "I Am Love", im italienischen Original "Io sono l'amore", ist ein bemerkenswerter Film, rund um eine großartige Tilda Swinton. Empfehlenswert!

Service

I Am Love