Keine Informationen dringen nach außen

Der Deckel über dem Iran

Die Demonstrationen gegen das Regime im Iran wurden vom brutalen Sicherheitsapparat bisher sofort niedergeschlagen. Durch die Verhaftung von Oppositionellen bleibt die Stimmung weiter aufgeheizt. Das Regime bestreitet, sie verschleppt zu haben. Aber da gilt die Strategie: Was wahr ist, bestimmt es selbst. Information wird manipuliert und kontrolliert.

Mittagsjournal, 04.03.2011

Unter "Hausarrest"

Seit dem 13. Februar sind nach Angaben der Opposition im Iran Mir Hussein Mussavi und seine Frau verschwunden. Vier Tage später auch Mehdi Karrubi mit seiner Gattin. Nicht einmal ihre Kinder können sie seither telefonisch erreichen. Ihre Häuser darf seit Anfang Februar niemand betreten, weil sie dort, wie offiziell erklärt wird, unter Hausarrest sitzen. Ihre Anhänger behaupten, sie würden in einer Kaserne der Revolutionsgarden, Heschmatije, im Osten der Stadt festgehalten, erklärt der Journalist Faramarz Ghasi am Telefon aus Teheran: "Das Regime, das politische System, die Führung hier im Iran glaubt, wenn die beiden Herren abgeschnitten von der Masse sind, dann ist die Masse eine kopflose Masse und leicht zu beruhigen", sagt Ghasi.

Medienzensur

"Beruhigen" klingt verharmlosend, aber Leute wie Faramarz Ghazi müssen jedes Wort auf die Waagschale legen. Das Regime kontrolliert sie und schränkt sie in ihrer Arbeit ein, wo immer es geht. Journalisten ist es zum Beispiel nicht erlaubt, zu den Demonstrationen zu gehen: "Wir bekommen von der iranischen Behörde immer ein SMS oder per Fax geschickt, dass wir an bestimmten Tagen über bestimmte Demonstrationen oder Kundgebungen nicht berichten dürfen", so Ghasi. Entsprechend ist die Zurückhaltung: "Wissen Sie, ich hab schon meine Pressekarte einmal vor drei Jahren verloren. Das will ich nicht wiederholen. Ich müsste mir in meinem Alter einen neuen Job suchen. Hier muss man vorsichtig sein", meint er.

Gefährdete Demonstranten

Die Informationen über Proteste, Gewalt und Verhaftungen liefern die Demonstranten selber, und gefährden sich so zusätzlich, wohl wissend, dass Internet und Telefon überwacht werden. Eine junge Frau, Taraneh, schildert in einer Email die Demonstrationen vom vergangenen Dienstag: "Am frühen Abend waren wir eine große Masse. Die Polizei ließ es nicht zu, dass wir Slogans riefen, wir marschierten schweigend. Am Enghelab-Platz waren wir tausende und plötzlich hat uns die Polizei angegriffen, meine Freundin und ich rannten los. Sie schrie 'nieder mit dem Diktator' und ein Milizionär der Basidji hat sie festgenommen und ich habe nichts für sie tun können. Ich habe lange um sie geweint. Später sagten mir meine Freunde, es hätte an vielen Orten Demos gegeben. Wir glauben, dass über eine Million in den Straßen war. Mit der Dunkelheit wurde es immer brutaler und ich ging nach Hause. Von meiner Freundin habe ich nichts mehr gehört, am kommenden Dienstag gehe ich wieder zu den Demonstrationen."

Weitere Proteste angekündigt

Für kommenden Dienstag werden bei neuen Demos vor allem viele Frauen erwartet. "Wir haben keine Angst vor der Sicherheitspolizei", schreibt Taraneh in ihrer Mail, die Polizei habe Angst vor dem Volk, und das Regime sei verwirrt. Ähnlich sagt das auch der freie Journalist Faramarz Ghasi: "Diese Demonstration, diese Proteste, die vor zwei Jahren begonnen haben, die haben das System in eine Sackgasse geführt. Sie sind außenpolitisch zum Teil isoliert, innenpolitisch von der großen Masse der Bevölkerung abgelehnt. Man weiß keinen Ausweg." Und so hilft sich das Regime mit brutaler Gewalt, mit Lügen und Desinformation. Während die Distanz zum eigenen Volk immer größer wird.