Neuer Film von Dagur Kàri

Ein gutes Herz

Um eine düstere New Yorker Bar mit rein männlicher Stammkundschaft geht es in "Ein gutes Herz", dem neuen Film des isländischen Regisseurs Dagur Kàri. Kari ist vor allem bekannt durch seinen Streifen "Nói Albínói".

In seiner Tragikomödie "Ein gutes Herz" geht es nun um eine Männerfreundschaft bis zum Tod.

Mittagsjournal, 08.03.2011

Routinierter Argwohn

Das Leben ist wie eine Kokosnuss, heißt es im Film. Und wenn man dieses Bild auf die beiden Hauptfiguren von "Ein gutes Herz" überträgt, so ist der eine in ihr gefangen, und der andere sitzt draußen und weiß nichts mit ihr anzufangen. Der griesgrämige alte Barbesitzer Jacques hat sich hinter einer versteinerten Schale aus routiniertem Argwohn verbarrikadiert, wohingegen der junge Obdachlose Lucas, schon an ihr zerbrochen zu sein scheint.

Der eine nach dem fünften Herzinfarkt - der andere nach einem Selbstmordversuch, lernen sich die beiden im Krankenhaus kennen. Und Jacques, der selbst keine Familie hat, beschließt den jungen Lucas zu seinem Nachfolger auszubilden. Denn egal was in der Welt passiert, auf eine Bar muss immer Verlass sein. Ob mit, oder ohne ihn.

Bar als Zweitheim und Familienersatz

Für die Stammkunden ist es vertrautes Zweitheim und Familienersatz zugleich. Und damit sich daran nichts ändert, hat Jacques seine eigenen Gesetze. Neukunden sind nicht willkommen, Freundlichkeit ist fehl am Platz und Frauen haben hier erst gar nichts verloren.

Jacques grau in grau leuchtende Bar könnte überall stehen. In der isländischen Einöde, der Heimat des Regisseurs Dagur Kàri, in einer Wiener Seitengasse oder eben in New York. Es gibt ihn überall, diesen Mikrokosmos mit dem Tresen im Zentrum, um den sich wie hier verkannte Poeten und schweigsame Eigenbrötler versammeln. Kàris liebevoll gezeichnetes Figurenkabinett erinnert dabei immer wieder an Jim Jarmusch oder Aki Kaurismäki.

Bierdunst und Rauchschwaden

Der hellste Raum der Bar ist der gut verbarrikadierte Lagerraum - denn zu viel Licht könnte in diesem Kokon aus Bierdunst und Rauchschwaden wohl die eine oder andere Illusion zerstören. Nicht zuletzt auch bei Jacques selbst, so der Regisseur.

Und während sich Jacques hinter einer Mauer aus Misstrauen versteckt, ist der gutherzige Lucas das genaue Gegenteil. Kàri inszeniert dieses Spiel der Gegensätze, als langsame Annäherung hin zu einer Mitte, indem er liebevoll gestaltete Szenen aneinander reiht. Es sei dies seine Arbeitsweise, so Kàri. Er habe nie das große Ganze im Blick, sondern gehe immer von einzelnen Situationen aus. Viele kleine Ideen, die sich wie ein Puzzle zusammenfügen.

Zwei Herzen finden zueinander

Dass im Verlauf des Films doch noch etwas Licht in Jacques Bar kommt, verdankt er ausgerechnet einer jungen Frau. April stolpert nach Sperrstunde betrunken in Lucas Arme, um schließlich zu bleiben.

Dabei erfährt man kaum etwas über die Vergangenheit der Figuren. Kàri lässt den Zuschauer höchstens etwas darüber erahnen, wenn etwa Lucas nach einem Streit mit April von Jacques den Rat erhält, nicht die gleichen Fehler wie er zu begehen. "Ein gutes Herz" ist ein ruhiger Film, bei dem, manchmal etwas zu märchenhaft erzählt, aber mit viel schwarzem Humor, aus den zwei so unterschiedlichen Herzen von Jacques und Lucas schlussendlich ein gutes Herz wird.

Service

The Good Heart