"Pina" von Wim Wenders

Tanzfilm in 3-D

Vor allem massentaugliche Kinofilme setzen auf die aktuelle 3-D-Technik. Ein Dokumentarfilm in 3-D, diesen Versuch unternimmt der deutsche Filmemacher Wim Wenders: In "Pina" geht es um die Arbeit der Tänzerin und Choreografin Pina Bausch.

Kulturjournal, 05.04.2011

Wim Wenders im Interview

Ursprünglich hatte Wenders den Film mit Pina Bausch geplant. Als Pina Bausch im Sommer 2009 gestorben ist, musste er seinen Plan ändern.

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Pina

20 Jahre alter Plan

Den Plan, einen Film über das choreografische Werk von Pina Bausch zu machen, hatte Wim Wenders schon vor mehr als zwanzig Jahren gefasst. Damals, Mitte der 80er Jahre, war er soeben nach langen Jahren in den USA nach Europa zurückgekehrt. Dass er auf Bauschs Arbeit stieß, war dem Zufall zuzuschreiben.

"Ich hatte mit Tanz nichts am Hut. Ich habe 1985 'Café Müller' gesehen und war tief geschockt, dass diese Frau, die ich damals noch nicht kannte, mir in 40 Minuten mehr über die Beziehung von Männern und Frauen gesagt hat, als die ganze Filmgeschichte - und zwar ohne einen einzigen Satz", erinnert sich Wenders.

Mittagsjournal, 05.03.2011

3-D-Verfahren als Lösung

Mit den damaligen Möglichkeiten sah Wenders sich aber nicht in der Lage, die Intensität des Tanzes auf die Leinwand zu bringen. Erst im 3-D-Verfahren fand er die Lösung. Doch dann starb Pina Bausch ganz überraschend zwei Tage vor Beginn des ersten Probedrehs. Ihr Ensemble am Tanztheater Wuppertal musste Wenders daraufhin erst überzeugen, das Projekt nicht fallen zu lassen. Vier Stücke von Pina Bausch sind jetzt im Film zu sehen, darunter "Café Müller" und "Vollmond". Dazwischen erzählen die Tänzer von ihrer Arbeit mit der Choreografin.

Im Film ist Pina Bausch in alten Archivaufnahmen bei der Arbeit zu beobachten, nicht aber im Interview zu hören. Daran war aber nicht Bauschs plötzlicher Tod schuld, meint Wenders, das war von Anfang an Teil des Konzepts: "Es hätte keinen Einblick in ihre Privatleben, in ihre Biografie gegeben. Es wäre um ihre Arbeit gegangen. Pina hatte kein großes Vertrauen in Worte. Sie hat sich immer geweigert, ihr Werk zu erklären. Deswegen war auch die zweite Regel: keine Interviews, ich werde dich nie was fragen, die Arbeit soll sich selbst erklären."

Beeindruckende Nähe

Tatsächlich sorgt die 3-D-Technik für eine Unmittelbarkeit und Nähe der Tänzerinnen, die mehr als beeindruckt. Nach "Pina" scheinen Tanzfilme ohne 3-D tatsächlich nicht mehr vorstellbar. Für Wim Wenders sind damit die Möglichkeiten der neuen Technologie aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Auf keinen Fall, meint er, darf man 3-D einfach dem Blockbusterkino überlassen.

"Man kann damit nicht nur auf fremde Sterne, sondern auch auf unserem Planeten Sachen entdecken, die man so nie gesehen hat, Lebens- und Arbeitswelten von Menschen - die Aura ist ganz anders erfahrbar. Das ist zu schön um wahr zu sein. Es haben nur alle Angst gehabt, weil alle dachten: Das ist nicht unser Land, das da liegt. Das gehört den Studios oder den Blockbuster-Filmen - aber das ist natürlich Kokolores."

Keine Rückkehr zu 2-D

Auch wer mit Tanz nichts am Hut hat, wird bei "Pina" aus dem Staunen nicht herauskommen. Wim Wenders möchte die 3-D-Technik auch in seinen zukünftigen Filmen anwenden. Eine Rückkehr zur flachen Leinwand ist für ihn derzeit jedenfalls undenkbar.