Anders als Tunesien oder Ägypten
Experte: Syrien droht Bürgerkrieg
Syrien wird kaum mehr zu einer relativen Ruhe eines autoritären Regimes zurückkehren können, erwartet der Syrienexperten der Universität von Oklahoma, Joshua Landis. Er vergleicht Syrien mit dem Irak oder dem Libanon und hält einen Bürgerkrieg für recht wahrscheinlich.
27. April 2017, 15:40
US-Syrienexperte Joshua Landis
Mittagsjournalinterview am 28.04.2011 mit Christian Lininger
Bürgerkrieg nach Machtvakuum
Anders als in Tunesien oder Ägypten hätten die Religion und die Bevölkerungsgruppen in Syrien entscheidenden Einfluss, sagt Landis. Ein Sturz des Regimes würde auch die Armee und die Baath-Partei mitreißen, und damit bliebe keine Institution übrig, die die Macht übernehmen könnte. Ein derartiges Machtvakuum würde den Ausbruch von Gewalt begünstigen.
Kleine Reformen genügen nicht mehr
Und ein solcher Umsturz scheint unausweichlich: Die Regimegegner werden sich längst nicht mehr mit kleinen Reformen wie der längst beschlossenen Aufhebung des Ausnahmezustands zufrieden geben. Der nächste Reformschritt wären freie Wahlen - ein Selbstmord des Regimes. Diese revolutionäre Bewegung will das Regime stürzen, und daher schlägt Assad mit derartiger Gewalt zu, sagt der Leiter des Centers for Middle East Studies der University of Oklahoma.
Neue Protestaufrufe
Das Regierung von Bashar al Assad setzt ganz auf eine gewaltsame Repression der Protestbewegung. Im FoKus ist derzeit die Stadt Deraa im Süden des Landes, die von Armeepanzern umzingelt ist. Seit Wochenbeginn sollen hier Dutzende Demonstranten getötet worden sein. In Solidarität mit den Bewohnern von Deraa haben Internet-Aktivisten aus anderen Stadten für morgen zu einem "Freitag des Zorns" aufgerufen. Die syrische Armee dementiert Gerüchte, dass sich Truppenteile gegen die blutige Unterdrückung der Proteste auflehnen. Gesicherte Informationen aus Syrien gibt es nicht, weil unabhängige Journalisten des Landes verwiesen wurden oder Arbeitsverbot haben.