Die Menschen der Habsburgermonarchie
Altösterreich in der Nationalbibliothek
Zu einer Bilderreise in die Geschichte lädt die Österreichische Nationalbibliothek mit ihrer neuen Ausstellung "Altösterreich. Menschen, Länder und Völker in der Habsburgermonarchie". Im Zentrum der Schau im Prunksaal steht das sogenannte Kronprinzenwerk, eine 24-bändige landeskundliche Enzyklopädie, die 1883 vom österreichisch-ungarischen Kronprinzen Rudolf angeregt wurde.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 05.05.2011
Die reisenden Prinzen
Eine ganze Schar von Naturforschern, Malern, Gelehrten und Landvermessern ist am Beginn des 19. Jahrhunderts ausgerückt, um die Provinzen der Habsburgermonarchie zu erkunden - vom Küstenland um Triest über Galizien und die Bukowina bis nach Böhmen, Mähren und Schlesien - in kaiserlichem Auftrag.
"Die Prinzen des Hauses Habsburg waren angehalten, das Land zu bereisen", erzählt der Direktor des Bildarchivs der Nationalbibliothek, Hans Petschar. "Das Paradebeispiel ist Erzherzog Johann, der schon um das Jahr 1800 als junger Mann im Alter von 18 Jahren durch die ganzen innerösterreichischen Länder gereist ist - Tirol, Kärnten, Steiermark - und Maler mitgehabt hat und Naturforscher."
Viele Völker, friedlich vereint
Die Ergebnisse dieser Reise sind im Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek: Originalgrafiken, Fotos, Aquarelle und Zeichnungen aus der ehemaligen Privatbibliothek der Habsburger: Entenjäger in den Lagunen von Grado, die Ernte in Siebenbürgen, ein Schützenfestzug in Tirol, Teppichknüpfer in der Fabrik zu Ebergassing, Hackbrettschläger und Schwegelpfeifer, Iglauerinnen in der Tracht.
"Während der Möll- und Drauthaler berechnend, klug und wissbegierig ist, ist der Glanthaler mehr leichtlebig, sangeslustig, übermütig und rauflustig. Und der geistig geringer begabte Lavanttaler hat gern Rechtshändel und zeigt eine starke Neigung zur Sinnenlust", liest man in "Die österreichische Monarchie in Wort und Bild", einer 24-bändigen Enzyklopädie der Länder und Völkerstämme der Monarchie, die Kronprinz Rudolf in Auftrag gegeben hatte. Der letze große Versuch, alle Länder des Habsburgerreiches und seine Bewohner gleichwertig zu präsentieren, "mit dem Anspruch zu zeigen, die Darstellung der österreichischen Monarchie, in der verschiedene Völker, Völkerschaften und Nationen friedlich vereint unter einer Dynastie zusammen leben", erklärt Petschar.
Vorbild für Europa?
Das sogenannte "Kronprinzenwerk" war als 16.000-seitiges Opus magnum in deutscher und in ungarischer Sprache das größte editorische Unternehmen in der Habsburgermonarchie. Mehr als 430 Autoren, 260 Künstler und die besten Wissenschaftler aus allen Teilen der Monarchie hatten daran mitgearbeitet.
Im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek gibt es jetzt erstmals einen Einblick in das umfangreiche Redaktionsarchiv mit unveröffentlichten Originalfotografien, die die Arbeitsgrundlage waren für die Maler und Autoren.
ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger sieht die Habsburger-Monarchie als "historisches Modell für das Zusammenleben unterschiedlicher Volksgruppen, Ethnien, Religionen und Menschen. Wenn wir uns heute die kulturelle Diversität eines zusammenwachsenden Europas anschauen, dann denke ich schon, wenn man hier einen Blick zurückwirft, dass man daraus lernen kann, dass man keine Angst haben muss vor Multikulturalität, sondern diese auch als ganz große Chance begreifen kann."
Textfassung: Ruth Halle
service
"Altösterreich", 6. Mai bis 30. Oktober 2011, Österreichische Nationalbibliothek,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
Österreichische Nationalbibliothek - Altösterreich