Organe spenden und "vollenden"

Alles was wir geben mussten

"Never let me go", so heißt ein Roman des aus Japan stammenden und in England lebenden Autors Kazuo Ishiguro, der 2005 für den Booker Prize nominiert wurde. Nun wurde das Buch verfilmt und kommt unter dem deutschen Titel "Alles was wir geben mussten" ins Kino. Autor Ishiguro entwirft eine Horrorvision rund um kaum vorstellbare Auswirkungen der Gentechnologie.

MIttagsjournal, 10.05.2011

Ein Ball fällt über einen Zaun, doch niemand wagt ihn zu holen, denn im britischen Internat Hailsham der 1970er Jahre werden keine Grenzen überschritten: Es herrschen Disziplin und Ordnung, aber auch Güte und eine spezielle Fürsorge, denn Gesundheit ist wichtig für die Kinder, auch wenn sie noch gar nicht wissen, warum das in ihrem Fall von besonderer Bedeutung ist.

Langsam, aber sicher tastet sich auch der Film "Alles was wir geben mussten" an seinen eigentlichen Gegenstand heran, an eine menschenverachtende Wahrheit: Diese Kinder sind Klone, die nur einem einzigen Zweck dienen: Wenn sie erwachsen sind, sollen sie Organe spenden, so lange bis sie "vollenden", wie das Sterben hier umschrieben wird.

Regisseur Mark Romanek kleidet die erschreckenden Tatsachen in idyllische Bilder, der Film sollte trotz allem, so Romanek, eine angenehme ästhetische Erfahrung bieten.

Trügerische Normalität

Natürlich schafft diese Ästhetik einen bizarren Kontrast zum Inhalt, der auf einen zentrale Punkt hinausläuft: Wie menschlich sind diese Klone? Diese Frage arbeitet der Film anhand einer Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen und einem jungen Mann - allesamt Klone - ab.

Eifersucht, Zurückweisungen, Gemeinheiten, Demütigungen, die Normalität ist aber trügerisch. Denn gerade die Beiläufigkeit, mit der immer wieder die Perspektivenlosigkeit von Liebe und letztlich Leben zugespitzt werden, macht die Geschichte schwer erträglich, zumal Regisseur Romanek weder plump romantisiert noch ethisch moralisiert.

"Alles was wir geben mussten" ist letztlich eine düstere Science-Fiction-Vision, deren Handlung Mitte der 1990er Jahre endet. Haben wir gar etwas versäumt? Sind wir schon mitten drin, ohne es zu wissen? Noch so ein Effekt, der besonders dadurch wirkt, weil er nicht beabsichtigt, Wirkung zu erzeugen.