Die Geschichte des Song Contest

Wahnsinn mit System

Das "Geheimnis der Liebe" besingt Nadine Beiler beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Düsseldorf. Am Ende wird aber für sie das Geheimnis der Punktevergabe zählen. Dieses und viele andere Rätsel rund um den riesigen Schlagerwettstreit haben nun zwei Herren beschlossen zu entschlüsseln, die die Veranstaltung schon von Kindesbeinen an verfolgen.

Clemens Dreyer ist Kommunikationsexperte, Claas Triebel wissenschaftlicher Berater. Jetzt haben die beiden bekennenden Songcontest-Forscher ein kleines Büchlein herausgebracht: "Ein bisschen Wahnsinn. Wirklich alles zum Eurovision Song Contest". "Für mich ist der Reiz die Nähe zwischen Großartigkeit und Peinlichkeit, die darin vorkommen", sagt Dreyer.

Der erste letzte Platz für Österreich

"Refrain" hieß das erste Siegerlied des Eurovision Song Contest, der damals noch "Gran Premio Eurovisione della Canzone Europea" hieß. Die Schweizerin Lys Assia sang es 1956. Während heute 43 Länder um 25 Finalplätze streiten, gingen damals gerade einmal zehn Interpreten an den Start.

Österreich nahm erstmals 1957 teil. "Wohin, kleines Pony?" fragte damals Bob Martin. Die Antwort interessierte offenbar niemand - der österreichische Beitrag landete auf dem letzten Platz, die erste von insgesamt sieben rotweißroten Schlusslichtplatzierungen.

Tabellen, Statistiken und Grafiken

Clemens Dreyer und Claas Triebel berichten nicht nur über Verlierer und Sieger, über die größten Misserfolge und die knappsten Entscheidungen. Ihr Kompendium "Ein bisschen Wahnsinn" wartet mit einer Fülle von Tabellen, Statistiken und Grafiken auf.

Da ist etwa zu erfahren, dass das Fenster der am häufigsten besungene Gegenstand und Ralph Siegel der am häufigsten vertretene Komponist war, wer barfuß aufgetreten ist oder wie oft in weißer Kleidung gesiegt wurde, aber auch, dass der jüngste Teilnehmer elf und der älteste 75 Jahre alt war, dass das kürzeste je beim Song Contest gesungene Stück 112 Sekunden und das kürzeste deutsche Lied 2 Minuten 16 dauerte. Heidi Brühl sang es 1963, der Refrain lautete: "Marcel, das geht mir viel zu schnell". Vielleicht ein früher Versuch, eine "seriöse" Veranstaltung durch Ironie zu unterwandern?

"Liebe ist gut"

In Beiträgen späterer Jahre jedenfalls ist zwischen Pop-Interpretation und Pop-Parodie oft kaum mehr zu unterscheiden - was man wohlwollend auch als "Wiederbelebung" des Song Contest werten kann. Eine wirkliche Wiederbelebung habe das Jahr 1998 geboten, sagt Triebel: "Das war das Jahr, in dem Guildo Horn für Deutschland angetreten ist und das erste Mal ein Transsexueller für Israel gewonnen hat. Viele Länder versuchen immer wieder aufzufallen."

Skurrile Beiträge und bewusste Geschmacksverirrungen, der Hang zur schrägen Inszenierung, zum Auffallenden und Ausgefallenen - auch das ist der Eurovision Song Contest. Nadine Beiler wird die ganze Sache aber wohl ernst nehmen.

Was für sie das Geheimnis zum Erfolg sein könnte, verraten die Experten: "Sie ist eine Frau, auch gut - meistens gewinnen Frauen", so Claas Triebel. "Sie sollte im Stehen singen - im Sitzen ist nicht gut -, wenn sie barfuß singt, ist auch eher unwahrscheinlich, dass sie gewinnt." Clemens Dreyer ergänzt: "Sie hat ein schwarzes Kleid an, das ist schon einmal nicht schlecht, wobei ein weißes besser wäre. Eines hat sie schon einmal richtig gemacht: Im Song-Titel steckt Liebe drin, denn das häufigste Wort in den Songs ist die Liebe."

Service

Clemens Dreyer, Claas Triebel, "Ein bisschen Wahnsinn. Wirklich alles zum Eurovision Song Contest", Kunstmann Verlag

Eurovision Song Contest Düsseldorf 2011

Mehr zu diesem Thema in

oe3.ORF.at