Cohn-Bendit versus Orban

"Orban zieht Europa nach unten"

Im Europaparlament in Straßburg hagelte es erneut Kritik an der ungarischen EU-Präsidentschaft im vergangenen halben Jahr. Premierminister Orban hätte heute gerne seine Erfolge präsentiert, stattdessen wurde er für seine Medienpolitik und die Verfassungsänderung gerügt.

Ernst Kernmayer aus Brüssel

Orban: "Attacken der Linken"

Dass er nicht nur Beifall bekommen würde, war dem ungarischen Premierminister Viktor Orban heute schon am Beginn seines Auftritts im Straßburger EU-Parlament klar. "Ungarn wird vorbereitet sein auf die ständigen Attacken und den Druck, den es von Seiten der Linken gibt", sagte Orban vor den EU-Abgeordneten.

Swoboda: „Innenpolitik ist europäische Politik“

Von Beginn an stand die ungarische Präsidentschaft unter einem schlechten Stern. Das von vielen als Knebelungsinstrument bezeichnete Mediengesetz und die nationalistisch geprägte Verfassung wurden EU-weit kritisiert. Kritik, die Orban als Einmischung wertet. Dem entgegnete der SPÖ-Abgeordnete Hannes Swoboda: „Innenpolitik ist heute auch europäische Politik.“

Orban sprach im EU-Parlament weniger zu den EU-Abgeordneten als zur Anhängerschaft zu Hause. Er wiederholte, was schon während der vergangenen Monate für Aufregung gesorgt hatte: „Ungarn ist nicht Befehlsempfänger von Brüssel. Das würden die Ungarn nie akzeptieren. Brüssel ist nicht unsere Kommandozentrale.“

Cohn-Bendit: "Präsident einer Diktatur"

Eine Ansage, die der Grün-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit als absurd bezeichnet: "Sie sind gegen die Brüsseler Diktatur, obwohl Sie gerade Präsident dieser Diktatur sind. Eigentlich müssten Sie sich selbst misstrauen. Sie sind einer dieser Politiker, die Europa nach unten ziehen."

Indes gab es von Orbans Kritikern auch Lob für die ungarische Präsidentschaft, etwa wegen des vorbereiteten Kroatien-Beitritts. Allerdings galt das Lob nicht dem Premierminister selbst, sondern seinen Beamten.