"Ein richtiger Arsch!"

Godard trifft Truffaut

Francois Truffaut und Jean-Luc Godard gehörten zum Kern der französischen Nouvelle Vague, also jener Stilrichtung des französischen Kinos, die sich ab Ende der 1950er Jahre für ein konsequentes Autorenkino mit persönlichem Stempel stark machte. Der Dokumentarfilm "Godard trifft Truffaut - Deux de la Vague" widmet sich nun ausführlich der schwierigen Verbindung zwischen den beiden Regisseuren.

Kultur aktuell, 19.07.2011

Streit zwischen Godard und Truffaut

"Simmering gegen Kapfenberg, des nenn i Brutalität" - in Anlehnung an Helmut Qualtinger könnte man das auch über die Beziehung zwischen Jean Luc Godard und Francois Truffaut sagen, zumindest über das Ende. 1973 nennt Godard Truffaut in einem Brief einen "großen Lügner", weil er dessen Film "Die Amerikanische Nacht" als viel zu unkritisch empfand. Truffauts Antwort ist heftig, 20 Seiten schreibt er zurück, findet Godards Brief zum Kotzen, und fügt noch hinzu: "Seit langem will ich dir sagen, dass du dich wie ein richtiger Arsch benimmst!"

Truffaut als Ideengeber

Dass sich die beiden Speerspitzen der Nouvelle Vague heftig zerstritten haben ist allgemein bekannt, viel weniger hingegen, wie eng ihre Freundschaft mehr als ein Jahrzehnt lang war. Genau das verdeutlicht der Dokumentarfilm "Godard trifft Truffaut - Deux de la vague". Die Idee zu Godards Spielfilmdebüt "Außer Atem" aus dem Jahr 1959 stammte etwa von Truffaut, der den Fall des Mörders Michel Portail mit Zeitungsausschnitten dokumentiert hatte, und bereits zuvor hatte Truffaut seinem Freund Filmmaterial für dessen Kurzfilm "Eine Geschichte des Wassers" überlassen.

Godard wiederum lobte öffentlich Truffauts Film "Sie küssten und sie schlugen ihn" und die Art, wie er das Thema Kindheit im Kino neu aufrollte.

"Kino glaubwürdiger machen"

Regisseur Emanuel Laurent arbeitet mit ausführlichem Off-Kommentar, vielen Originaldokumenten, Zeitungs- und Filmausschnitten, Originalzitaten und Fotos und verzichtet vollständig auf aktuelle Zeitzeugenberichte, lässt vielmehr die Protagonisten selbst in alten Interviews zu Wort kommen, und erhellt damit auch den damaligen Geist der Nouvelle Vague.

Truffaut meinte etwa, man wollte das Kino gar nicht revolutionieren, nur authentischer und glaubwürdiger machen. "Die falschen Legenden des Kinos müssen zerstört werden", ergänzte Godard.

Politische Radikalisierung

Emanuel Laurent sucht vor allem das Verbindende, ohne aber das Trennende zu vernachlässigen. Kann und darf das Kino angesichts gesellschaftlicher Umbrüche, etwa 1968, weiter abgehobene Kunstfilme machen? Truffaut hatte damit kein Problem, Godard hingegen bevorzugte die politische Radikalisierung. Daran ist diese Freundschaft letztlich zerbrochen.