Star mit vielen Gesichtern
Schauspielerin Rosel Zech gestorben
Die deutsche Schauspielerin Rosel Zech ist am Mittwochabend im Alter von 69 Jahren in Berlin gestorben. Die Film- und Theaterdarstellerin feierte in den 80er Jahren in Fassbinders "Die Sehnsucht der Veronika Voss" Erfolge. Zuletzt spielte sie in der ARD-Serie "Um Himmels Willen" die Mutter Oberin.
8. April 2017, 21:58
Wandlungsfähige Künstlerin
Als gestrenge Mutter Oberin in der ARD-Serie "Um Himmels Willen" war Rosel Zech seit Jahren Millionen Menschen ein Begriff. Berühmt wurde sie schon viel früher mit einer anderen Rolle: In Rainer Werner Fassbinders vorletztem Film spielte die wandlungsfähige Schauspielerin den drogenabhängigen, selbstquälerischen Ufa-Star Veronika Voss. Der Film "Die Sehnsucht der Veronika Voss" brachte ihr 1982 einen Goldenen Bären der Berlinale ein. Am Theater war die sensible Zech mit ihrer Fähigkeit, in viele Rollen zu schlüpfen, da schon lange ein Begriff.
Nun ist die Künstlerin am Mittwochabend 69-jährig an Knochenkrebs in einem Berliner Krankenhaus gestorben - "sehr aufrecht und sehr bewusst", wie die Geschäftsführerin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, Juliane Lorenz, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa sagte. Erst in diesem Jahr war Zech als Mutter Oberin aus der TV-Dauerfehde zwischen Bürgermeister Wöller (Fritz Wepper) und den Ordensschwestern ausgestiegen. Sie wolle sich von einer schweren Krankheit zu Hause erholen, hieß es.
Geprägt von Zadek und Fassbinder
Zwei Regisseure waren prägend für die Schauspielerin, die vor allem in labilen, gefährdeten Frauenrollen zu überzeugen wusste: Peter Zadek und Fassbinder. Dass sie selbst empfindsam und verletzlich war, war kaum zu übersehen. In einem Interview mit dem "Stern" verriet sie einmal: "Brücken abzureißen und sich auf das gegenüberliegende Ufer zu begeben, wo man sich verliert und aufgibt - diesen Schritt kann ich gut verstehen. Da muss man aufpassen, weil, das ist eine Spannung, die ich in mir habe."
Auch wenn die am 7. Juli 1942 geborene Tochter eines Berliner Binnenschiffer-Ehepaars nie zum sogenannten Fassbinder-Clan zählte, schätzte sie den genialen und besessenen Filmemacher (1945-1982) sehr. "Ich habe mich bei keinem anderen Filmregisseur so aufgehoben gefühlt", sagte sie einmal. "Wir waren erst am Anfang und hatten noch viele gemeinsame Pläne." Mit Fassbinder zu spielen sei ein Kinderspiel gewesen, da er die Filme bereits komplett im Kopf hatte. Schon 1981 hatte Rosel Zech an der Seite von Mario Adorf in dem Fassbinder-Film "Lola" als neureiche Gattin mitgewirkt.
Auszeichnungen
Den Bayerischen Filmpreis erhielt sie 1992 für ihre Rolle einer in Alaska arbeitenden Ost-Berliner Bibliothekarin in dem Percy-Adlon-Film "Salmonberries", Gewinner des World Film Festivals in Montreal. Auch das Fernsehen entdeckte das große Talent der ausdrucksstarken Darstellerin. In der Rolle der resoluten Bergarbeiter-Frau und Mutter Elfriede wurde sie in der ZDF-Serie "Die Knapp-Familie" 1981 erstmals einem größeren TV-Publikum bekannt.
Neben Film und Fernsehen glänzte Roselie Helga Lina Zech - wie ihr Geburtsname lautete - vor allem auf der Bühne, obwohl sie das Max-Reinhardt-Seminar in Berlin vorzeitig verließ. 1962 gab sie in Landshut ihr Debüt. 1966 holte sie Arno Wüstenhöfer an das Schauspielhaus nach Wuppertal.
Durchbruch am Theater
Den Durchbruch am Theater erlebte Rosel Zech unter Peter Zadek. Den "Stuttgarter Nachrichten" erzählte sie einst: "Ich hatte aber auch einfach oft Glück. Ich verließ die Schauspielschule, weil ich dachte, da lern' ich nichts mehr. Dann hat man mich trotzdem in Landshut genommen. Anschließend in Solothurn in der Schweiz war ich auf dem absteigenden Ast. Ich hab' verzweifelt Briefe an deutsche Intendanten geschrieben. Nur einer, der Wüstenhöfer, hat reagiert, mich mit nach Wuppertal genommen. Dort traf ich Peter Zadek. Mit ihm bin ich nach Bochum und Stuttgart und dann habe ich Rainer Werner Fassbinder kennengelernt. Das hat schon etwas mit Glück zu tun."
Kainz-Medaille der Stadt Wien
Am Bochumer Schauspielhaus war Zech, die sich als Kind als stille Einzelgängerin mit einer lebhaften Fantasiewelt im Kopf beschrieb, eine der gefragtesten Interpretinnen. 1977 wurde sie als Hedda Gabler in dem Ibsen-Drama zur Schauspielerin des Jahres gewählt. Für ihre Darstellung im Theaterstück "Eines langen Tages Reise in die Nacht" erhielt sie 1990 die Kainz-Medaille der Stadt Wien.
In München begeisterte sie unter anderem in der deutschen Erstaufführung von Per Olov Enquists Stück "Die Bildermacher" in der Rolle der schwedischen Dichterin Selma Lagerlöf. 2005 stand sie am Hamburger Schauspielhaus in Yasmina Rezas "Ein spanisches Stück" in der Inszenierung von Jürgen Gosch auf der Bühne. "Theater ist für mich als Schauspielerin die Königsdisziplin", sagte Rosel Zech einmal. Für ihren Beruf hat sie gelebt. Die zurückhaltende Künstlerin ohne Allüren war unverheiratet und hatte keine Kinder.