Erstes offizielles Kulturprojekt des CERN
Art@CERN
Die Ausstellung "Origin - Erforschung des Urknalls", Symposien mit hochkarätigen Gästen und ein weiteres Projekt, das noch bekanntgegeben wird, sind die Eckpfeiler der Kooperation der Ars Electronica mit CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung mit Sitz in Genf. Es ist das erste offizielle Kulturprojekt der Einrichtung, wie der 51-jährige Teilchenphysiker Michael Doser erzählt.
26. April 2017, 12:23
Kulturjournal, 02.09.2011
Die Partnerschaft zwischen den beiden Institutionen soll länger dauern und macht die neue Kulturpolitik des CERN sichtbar. Einzelne Kooperationen mit Künstlern habe es schon früher auf Privatinitiative gegeben, doch nun gehe man einen offiziellen Weg, so Doser. Die Leiterin des Kulturprogrammes Art@CERN, Ariane Koek, habe festgestellt, dass genau das gefehlt habe. Außerdem werde durch ein Gremium eine gewisse Qualität der Teilnehmer garantiert, denn gewünscht ist ein echter Austausch. "Wissenschaft vermittelt Verständnis, Kunst vermittelt Bedeutung, in dem Sinn sind die beiden komplementär. Verständnis prallt in einer kreativen Kollision auf Bedeutung", erklärte Doser, der in Graz geboren ist und seit seinem Doktorat 1983 am CERN forscht.
Diese Öffnung auch in die Literatur, Musik, Tanz und Theater sei keine PR-Übung, "hat aber diese Auswirkung". Vielmehr sei sie ein Wandel der Generationen, "ein Erkennen, dass die Grundlagenforschung nicht in einem Elfenbeinturm stehen soll, sondern Teil eines kulturellen Dialogs sein muss". Am in eine Richtung ausgerichteten CERN gebe es "eine geballte Menge an interessanten Physikern", ihm habe aber schon bei einem Sabbatical in Stanford die intellektuelle Breite gefallen, deshalb unterstützte Doser das Kultur-Projekt von Beginn an. Ein Grund für diese verstärkte Kommunikation mit anderen Gebieten sei vielleicht auch das gesteigerte öffentliche Interesse an der Forschungseinrichtung.
So arbeitete er auch an der Ausstellung "Origin - Die Erforschung des Urknalls" im Ars Electronica Center (AEC) mit. Im Mittelpunkt stehen der Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) und die Suche nach dem Higgs-Teilchen, das eine große Bedeutung beim Aufbau des Universums haben soll. Gelingt es nicht, das Teilchen in der Praxis nachzuweisen, muss das derzeit gültige Standardmodell der Teilchenphysik - im AEC an einer Schautafel dargestellt - in Zweifel gezogen werden.
Die "Stecknadel in einem Meer von Heuhaufen"
Aufgrund von früheren Messungen gebe es ein beschränktes Gebiet, wo das Teilchen auffindbar sei, so Doser. "80 Prozent davon sind abgegrast. Dort findet man es nicht." Doch in den restlichen 20 Prozent "ist der Heuhaufen sehr, sehr groß und die Nadel sehr klein", veranschaulicht der Teilchenphysiker. Bis Ende 2012 soll alles durchsucht sein. Findet man nichts, "muss man versuchen zu verstehen, wie es sich verstecken könnte", da gebe es viele Möglichkeiten, die auch jetzt schon untersucht werden. "Das wäre dann eine Stecknadel in einem Meer von Heuhaufen."
Dann müsste man die Experimente länger laufen lassen, die Analysen raffinierter machen, bis man sagen könne, man finde weder das Higgs-Teilchen noch eine Form davon. "Dann wird es schwierig, aber auf eine Art noch interessanter, denn eigentlich versuchen wir seit 20, 30 Jahren, das Standardmodell abzuschießen", so Doser.
Text: APA, Red., Audio: ORF