Die Methoden der Biotech-Industrie

Doku "Gekaufte Wahrheit"

Die Gentechnik in der Lebensmittelindustrie war schon einmal präsenter in der öffentlichen Diskussion. Nun ist ein Dokumentarfilm in den heimischen Kinos zu sehen, der daran wieder etwas ändern könnte. Der deutsche Filmemacher Bertram Verhaag zeigt in "Gekaufte Wahrheit", wie die Industrie Forschung beeinflusst, negative Ergebnisse verschleiert und kritische Wissenschaftler mundtot macht.

Kulturjournal, 14.10.2011

Regisseur Bertram Verhaag im Gespräch

Auf die Frage eines Fernsehteams, ob er denn die von ihm untersuchte Kartoffel essen würde, antwortete der renommierte ungarische Biochemiker Àpàrd Pusztai 1999 klar mit "Nein". Veränderte Entwicklung der inneren Organe und Auswirkungen auf das Immunsystem, so war das Ergebnis bei Ratten. Zwei Tage später wurde Pusztai von seinem Institut entlassen, aus der britischen Wissenschaftsakademie ausgeschlossen, öffentlich diffamiert. Pusztais Untersuchung gehört bis heute zu einer der wenigen Langzeitstudien zu den Risiken genmanipulierter Nahrungsmittel.

Kontrolle über Pflanzen verloren

Vor allem in den USA werden schon seit Jahren gentechnisch manipulierte Pflanzen angebaut. Erschreckend dabei: Die Industrie scheint längst die Kontrolle, etwa über transgenen Mais, verloren zu haben. Denn solcher wurde auch unweit der US-Grenze in Mexiko gefunden, dem Ursprungsland des Mais, wo der Anbau transgener Sorten bis heute eigentlich verboten ist.

Ein unwiderruflicher Eingriff in die Natur, so Verhaag. Und in unsere Nahrungskette. Denn schon längst finden sich transgene Pflanzen in Tierfuttermitteln. Mit Auswirkungen auch auf Fleisch- und Milchprodukte, die letztlich auf den Tellern der Konsumenten enden.

Kultur aktuell, 14.10.2011

Beeinflussung der Forschung

Verschleierung im Sinne der Gewinnmaximierung, so Verhaag, der in diesem Zusammenhang ein weiteres, zentrales Problem zur Sprache bringt: den wachsenden Einfluss der Industrie auf die Forschung - auch abseits der Biotech-Industrie. Es sei wie ein ständiger Kampf um das freie Wissen, so der Mikrobiologe Ignacio Chapela, Professor an der kalifornischen Eliteuniversität Berkeley. Ein Kampf, der mit dem Auftritt des Energieriesen BP vor einigen Jahren neue Dimensionen erreicht habe.

Die Konsequenz sei eine Industrie, die Forschung finanziert, und somit bis zu einem bestimmten Punkt auch kontrolliert, so Verhaag.

"Gekaufte Wahrheit" ist ohne Zweifel der "hemmungslos parteiische, aber sehenswerte Film", als den ihn die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" beschrieben hat. Und er ist als solcher ein wichtiger Denkanstoß gegen die Bequemlichkeit am Esstisch, der in seiner Radikalität durchaus vertretbar ist.