Heinrich von Kleist im Theatermuseum

Der große Unbekannte

Am 21. November 2011 jährt sich der Todestag von Heinrich von Kleist zum 200. Mal. Aus diesem Anlass widmet ihm das Österreichische Theatermuseum in Wien eine Ausstellung.

Kulturjournal, 19.10.2011

Schon das Ausstellungsplakat suggeriert mit einem sehr verschwommenen Schwarz-weiß-Konterfei, dass Heinrich von Kleist ein ziemlich Unbekannter geblieben ist, und dass man ihn lange Zeit als gescheiterten Dichter ansah, dessen Leben sich folgerichtig auf ein tragisches Ende hin bewegt hat.

Ein temperamentvoller Hitzkopf

Zwischen Geburt und Tod lagen 34 rastlose Jahre, die Kleist quer durch Europa geführt haben. Er war Offizier, Student, vermeintlicher Spion, Beamter, Kriegsgefangener, Herausgeber, politischer Propagandist, Boulevardjournalist und Dichter, Verfasser von Werken wie "Das Käthchen von Heilbronn", "Penthesilea", "Michael Kohlhaas", "Die Marquise von O." und "Hermannschlacht". Die Ausstellung ist zusammen mit dem Kleist-Museum Frankfurt an der Oder entstanden.

Die Ausstellung wollte sich vom üblichen Kleist-Bild eines Mannes, der am Leben verzweifelt, absetzen, erklärt Annette Handke, eine der Kuratorinnen. Kleist war einer, der sich nicht abfinden wollte: mit der ihm vorgezeichneten Offizierslaufbahn, denn "ein freier denkender Mensch bleibt da nicht stehen, wo der Zufall ihn hinstösst", er war einer, der sich gegen die Bürokratie aufgelehnt hat, ein temperamentvoller Hitzkopf, dem der Zugang zur intellektuellen Elite seiner Zeit verwehrt geblieben ist und dessen Werke zu Lebzeiten als langatmig und sperrig empfunden wurden. Die Kleist-Neuentdeckung setzte erst Ende des 19. Jahrhunderts ein.

"Nicht zu helfen"

An einem schönen Herbsttag im November ließ er sich mit seiner krebskranken Freundin Henriette Vogel am Wannsee nieder, man trank Kaffee und schrieb Abschiedsbriefe und dann schoss der 34-jährige Kleist erst der drei Jahre jüngeren Freundin und schließlich sich selbst eine Kugel in den Kopf. An seine Schwester schrieb er: "Die Wahrheit ist, dass mir nicht zu helfen war."

Die Briefe, die Heinrich von Kleist schrieb, sind an den Wänden zu lesen oder an Hörstationen zu hören, vorgetragen von Ulrich Matthes, der am 25. November 2011 live im Thatermuseum lesen wird. Und gerade diese Briefe sind es, die am ehesten einen Zugang zum großen Unbekannten bieten, die die Ausstellung lesenswert und hörenswert machen.

Textfassung: Ruth Halle

Service

Ausstellung "Heinrich von Kleist", 20. Oktober 2011 bis 9. April 2012, Österreichisches Theatermuseum,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (EUR 2,-).

Theatermuseum - Heinrich von Kleist