Mauerbau aus Zuckerwürfel

Hotel Lux

Das 1911 erbaute Hotel Lux in Moskau war vor allem in den 1930er Jahren eine Zufluchtsstätte für bekennende Kommunisten, überwiegend für deutsche Exilanten, unter anderem für Walter Ulbricht, Herbert Wehner, Wilhelm Pieck oder den Dichter Johannes R. Becher. Was sich in diesem Hotel Lux alles abgespielt hat und was Stalin damit zu tun hat erzählt der aus der ehemaligen DDR stammende Regisseur Leander Haußmann als Tragikomödie.

Kultur aktuell, 27.10.2011

Hotel als Zufluchtsort

Hitler und Stalin gemeinsam auf der Bühne? Im Berliner Variete der 1930er Jahre ist vieles möglich, wenn das Duo Zeisig (Bully Herbig) und Meyer (Jürgen Vogel) auftritt. Doch schon bald trennen sich die Wege: Meyer geht in den Untergrund. Nix wird's mit Hollywood. Dorthin will Zeisig nämlich hin, doch ein Umweg führt ihn nach Moskau und dort ins legendäre Hotel Lux, ein Schicksalsort an dem sich Kommunisten aller Länder Europas auf der Flucht vor dem Faschismus vereinigten.

Eine Falle für viele, die dann Stalins Säuberungen zum Opfer fielen. Regisseur Leander Haußmann: "Es sind ja mehr Kommunisten unter Stalin umgekommen als unter Hitler, das war für mich schon erstaunlich und ich hatte den Eindruck, dass es kein großes Interesse gibt, sich daran zu erinnern. Es gibt dort auch keine Gedenktafeln."

Turbulente Interpretation

Reale Geschichte und ihre fiktionale Überhöhung ins Groteske, das ist Haußmanns Anleitung für eine turbulente Interpretation des Hotellebens. Der Entertainers Zeisig als rhetorischer Hansdampf in Stalins Gassen, der jeder Tragödie stets ein Lächeln abgewinnen kann, einen Überlebenskünstler, der sich immer wieder aus noch so gewagten Situationen heraus manövriert, selbst als er sich als Hitlers Astrologe bei Stalin einschleicht und bald auffliegt.

Unfreiwillige Kabaretttruppe

Während einerseits ein so unbedarfter wie gewiefter Schwätzer keine Pointe auslässt, gelingen Haußmann andererseits subtile Parodien. Prominente Hotelgäste, einige davon Größen späterer deutscher Nachkriegspolitik, werden ob ihrer ideologischen Verbohrtheit zur unfreiwilligen Kabaretttruppe, der spätere Staatsratsvorsitzende der DDR Walter Ulbricht darf dann schon den Mauerbau üben - aus Zuckerwürfelstücken.

"Man darf über die damaligen Säuberungen Stalins nicht lachen, aber man darf über eine Figur lachen, die bestimmte Situationen so abschwächt, dass sie für den Kinozuseher erträglicher und unterhaltsam sind", sagt Haußmann.

Dick aufgetragen

Verwechslungskomödie und Historienklamauk, Liebesgeschichte und Politfarce, Regisseur Haußmann trägt ziemlich dick auf. Wie heißt es einmal im Film: "Tränen die man lacht, muss man nicht weinen." Die eine oder andere Träne hätte man dann doch lieber geweint.

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