"Le Havre" - eine Flüchtlingsgeschichte

Kaurismäki und die Milde des Alters

"Le Havre", so nennt der finnische Regisseur Aki Kaurismäki seinen neuesten Film, ein Flüchtlingsdrama, das in der gleichnamigen französischen Hafenstadt angesiedelt ist und vor knapp zwei Wochen die heute zu Ende gehende Viennale eröffnet hat.

Wie immer bei Kaurismäki gewinnt er auch den dunklen Seiten des Lebens einen noch dunkleren Humor ab. Ab Freitag ist "Le Havre" in den österreichischen Kinos zu sehen.

Kultur aktuell, 02.11.2011

Die Würde der Gestrandeten

Aki Kaursimäki ist ein begnadeter Melancholiker und manchmal auch Zyniker, oft arbeitet er sich an der puren Resignation seiner Figuren ab und ist dennoch immer wieder für Überraschungen gut. Wie in "Le Havre", einer Flüchtlingsgeschichte mit Wundercharakter: Ein junger Mann aus Afrika strandet in einem Container in der titelgebenden französischen Hafenstadt.

Der Schuhputzer Marcel Marx nimmt sich des Jugendlichen an und versucht, ihm den Weg nach London zu weisen. Da wären sie also wieder, die gesellschaftlichen Außenseiter im filmischen Kosmos des Finnen. Kaurismäki setzt wie üblich auf Distanz zu den Figuren, durch forcierte Künstlichkeit in den Dialogen oder mit spartanischen Dekors. Denn auch wenn eine Wohnung schlicht ausgestattet ist, so wird sie so gut in Schuss gehalten, wie es nur geht. Es sind diese nostalgisch polierten Innenräume, die auch die Würde ihrer Bewohner widerspiegeln, eine unantastbare Würde, die sie stets mit einem Augenzwinkern vor sich her tragen.

Und am Schluss ein Kirschbaum

"Le Havre" sei ein optimistischer Film, bei der hoffnungslosen Lage unseres Planeten, wollte er nicht noch zusätzlichen Schmerz verbreiten so Kaurismäki, der bekennt, keine Ahnung zu haben, wie man die Flüchtlingsprobleme in Europa lösen könne.

So simpel die Handlung des Films "Le Havre" auch sein mag, so anrührend sind die Regieeinfälle des Finnen. Die Vorliebe für alte Durchschnittsautos, die Kulisse der Hafenstadt im Retro-Look, ein Polizeikommissar, der sich als Menschenfreund entpuppt, trockener Humor, der Charme des Einfachen und Liebenswürdigen. Am Ende gönnt sich Kaurismäki sogar einen blühenden Kirschbaum. Da könne man einfach nichts machen: je zynischer und älter er werde, desto sanfter würden seine Filme werden, so Kaurismäki.

Der Film "Le Havre", verbreitet die Atmosphäre eines tief gehenden Humanismus', ein Märchen mit dem Plädoyer für die Veränderbarkeit von Zuständen. Man kann immer etwas machen, man muss es nur tun.

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