Werner Herzogs Expidition in die Urzeit

Die Höhle der vergessenen Träume

Ob der südamerikanische Urwald, die Antarktis, Alaska oder Tibet, der deutsche Filmregisseur Werner Herzog hat seit jeher in seinen Spiel- und Dokumentarfilmen eine Vorliebe für ungewöhnliche Orte dieser Welt entwickelt. Auch in seinem neuen Dokumentarfilm "Die Höhle der vergessenen Träume", in dem er die Chauvet-Höhle in Südfrankreich erkundet, wo man 1994 die ältesten Wandmalereien der Welt entdeckte.

Kultur aktuell, 03.11.2011

Höhlenbären, Mammuts, Nashörner, Pferde oder Eiszeitlöwen, es sind vor allem beeindruckende Abbildungen der Tierwelt, die die Wände der Höhle von Chauvet im südfranzösischen Tal der Ardèche zieren. Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit und für Regisseur Werner Herzog allerlei Assoziationsanstöße: "Werden wir jemals in der Lage sein, die Visionen dieser Künstler über eine derart große Zeitspanne hinweg zu erfassen?"

Gedreht im 3D-Format

Die Chauvet-Höhle ist nicht öffentlich zugänglich und auch Herzog konnte sie nur unter strengen Bedingungen mit der Kamera erkunden. Das Filmteam war auf vier Personen beschränkt, die Drehzeit auf sechs Tage zu je vier Stunden. Herzog macht einen Höhlenrundgang, immer wieder klebt die Kamera minutenlang an den Wänden, fasziniert von den 32.000 Jahren alten Darstellungen, die auf den Gewölben eine ungemeine Plastizität entwickeln, der Hauptgrund, diesen Film im 3D-Format zu drehen: "In der Höhle gibt es ja dramatische Ausbuchtungen, also wilde Ausbuchtungen, Hänge und Nischen, das haben sich die Künstler ja damals zunutze gemacht."

Drang zum Geschichtenerzählen

Selbst bei einem Thema, das hier auch von hohem wissenschaftlichem Stellenwert ist, - skurril sind zum Teil die Experteninterviews - lässt Herzog seinen von der Leidenschaft zum Kino geprägten Fantasien freien Lauf, seinem Drang zum Interpretieren, zum Geschichtenerzählen. Die Spuren eines Bären in der Höhle, kreuzen sich mit jenen eines achtjährigen Kindes. Waren die beiden Freunde oder war der Bär hinter dem Kind her, fragt sich Herzog, der die Wandmalereien auch als eine Art Urkino sieht: "Tiere werden ja zum Teil mit acht Beinen gezeigt, eine Hinweis auf den Wunsch, Bewegung auszudrücken".

Wie immer ist Herzogs off-Kommentar ambivalent, kaum verbirgt er seinen Stolz und auch nicht seinen Selbstdarstellungsdrang, produktiv aber die Neugierde mit der er seine Spekulationen nach dem Wesen der urzeitlichen Menschen vorantreibt. Auch in Zukunft wird die Höhle von Chauvet der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein. Allerdings wird bereits wenige Kilometer entfernt an einem Nachbau inklusive Touristenzentrum gearbeitet. Original kann man die Höhle der vergessenen Träume nun immerhin visuell im Kino betreten.