Ungeschminktes Beziehungsdrama

Blue Valentine

"Blue Valentine" heißt ein Beziehungsdrama des amerikanischen Regisseurs Derek Cianfrance, das bereits im vergangenen Jahr auf der Viennale zu sehen war, und nun auch regulär in den heimischen Kinos anläuft. In den Hauptrollen begeistern dabei Ryan Gossling und Michelle Williams. Letztere war für ihre Darbietung in "Blue Valentine" heuer auch für einen Oscar nominiert.

Kultur aktuell, 10.11.2011

Kennenlernen im Altersheim

In einem Altersheim laufen sich die junge Medizinstudentin Cindy, und Dean, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, das erste Mal über den Weg. Eine zufällige Begegnung und einen Song später sind sie zusammen. Da bemerkt Cindy dass sie schwanger ist.

Glaubt man in diesem Moment noch, die junge Beziehung könnte an der Schwangerschaft zerbrechen, ist es vier Jahre später die Tochter, die die Beziehung zusammenhält. Vom Verliebtsein nicht mehr viel übrig - der Alltag aneinander vorbeigelebt.

Film kippt mit jeder Szene

Auf zwei zeitlichen Ebenen verhandelt Regisseur und Autor Derek Cianfrance diese Beziehung. In Rückblenden den Anfang, das Sich-Verlieben, dann das Ende und die schrittweise Trennung. Und so kippt die Stimmung des Films zwischen lockerem Flirt und verstaubtem Ehealltag mit jeder Szene aufs Neue.

Elf Jahre habe er am Drehbuch gearbeitet, so Cianfrance. Jede Einstellung genau geplant, um am Ende das meiste davon wieder zu verwerfen und seinen Hauptdarstellern Michelle Williams und Ryan Gosling dafür umso mehr Freiheiten einzuräumen: "Ich habe das alles nicht verwendet, habe es wieder verworfen: Ich mag nicht, wenn man bei einem Film ständig das Skript spürt, das wirkt dann sehr schnell sehr statisch. Ich sagte zu Michelle überrasch mich: Das Skript ist eine Herausforderung. Nimm es als Anregung und mach etwas anderes daraus. Mach es lebendig."

Ehealltag geprobt

Die Vergangenheit auf Film, die Gegenwart auf Video gedreht, beeindruckt dabei vor allem, wie selbstverständlich der Film zwischen den verschiedenen Zeitebenen wechselt. Und wie glaubwürdig seine Figuren dabei bleiben. "Er habe den Film so realistisch wie möglich erzählen wollen", so Cianfrance. Nachdem der in Rückblenden erzählte Teil des Films abgedreht war, habe er seine beiden Hauptdarsteller einen Monat lang gemeinsam in ein Haus gesteckt, so der Regisseur: Ließ sie den Ehealltag proben.

"In diesem Monat lebten wir wirklich gemeinsam in diesem Haus. Das war ein komplett eingerichtetes, funktionierendes Wohnhaus. Michelle und Ryan schliefen sogar dort. Gingen einkaufen, und hatten dafür nur das Budget, das sie als Maler und Krankenschwester tatsächlich gehabt hätten. Als wir dann wieder zu drehen begannen, konnten wir auf gemeinsame Erfahrungen bauen - da war eine wirkliche Geschichte."

Ohne Kitsch und Sentimentalität

Cianfrance verzichtet dabei auf Klischees und Kunstgriffe, zeigt Momente des Zusammen- und sich Auseinanderlebens, ganz ohne Kitsch und Sentimentalität. Was "Blue Valentine" zu einem der wohl authentischsten Beziehungsdramen der letzten Jahre macht. Ungeschminkt und unterhaltsam.

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