Firmen suchen Flexibilität

Zahl der Leiharbeiter um zehn Prozent gestiegen

Die Zahl der Leiharbeiter steigt. Das gilt als deutliches Zeichen, dass viele Unternehmer die Wirtschaftslage nicht allzu gut einschätzen. 75.000 Leiharbeiter sind derzeit in heimischen Unternehmen beschäftigt. Gerade in unsicheren Zeiten sind Firmen vorsichtig, Leute fix anzustellen.

Mittagsjournal, 15.11.2011

Flexibilität für Firmen

Immer neue Hiobsbotschaften über die künftige wirtschaftliche Entwicklung verunsichern die heimischen Unternehmer. Kein Wunder also, dass die Zeitarbeit einen Boom erlebt, sagt Günter Ogris vom Meinungsforschungsinstitut SORA: "Unternehmer wollen sich in der Krise nicht längerfristig binden, selbst wenn die Auftragslage gut ist. Die Zeitarbeit bedeutet Flexibilität."

75.000 Leiharbeiter in Österreich

In Zeiten wie diesen schrecken also viele Firmen davor zurückschrecken, neue Mitarbeiter fix anzustellen. Österreichweit arbeiten derzeit knapp 75.000 Menschen auf Leiharbeitsbasis. Die meisten von ihnen im Gewerbe und in der Industrie. Denn in diesen Branchen sind die konjunkturellen Schwankungen wegen der starken Exportabhängigkeit am größten. Flexibilität lautet die Devise. Günther Ogris: "Da geht es darum, dass man nicht weiß, ob die Auftragslage weiter gut bleibt. Flexibilität bedeutet aber auch den Ersatz von Leuten, die auf Urlaub oder krank sind."

Menschen kurz anstellen und schnell loswerden

Hinter dem Zauberwort Flexibilität verbirgt sich ein einfaches Konzept: Firmen haben den Vorteil, dass sie Personal schnell anheuern - aber auch ebenso rasch und unkompliziert wieder "freisetzen" können. Bei der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer sieht man das Modell der Leiharbeit kritisch.

Leiharbeiter als Manövriermasse

Von einer modernen Form der Sklaverei ist hier etwa die Rede. Dass Zeitarbeiter Mitarbeiter zweite Klasse sind, glaubt man beim Arbeitsmarktservice aber nicht. Die sozialen Standards seien insgesamt gut, dazu habe auch der Kollektivvertrag für Leiharbeiter beigetragen, den es seit 2002 gibt, sagt Ernst Haider vom AMS: "Sie sind nur eine Randbelegschaft und das ist kritisch. Aber es gibt eine vollständige soziale und arbeitsrechtliche Absicherung. Aber es ist kein per se Dauerdienstverhältnis. Sie sind eine Manövriermasse."

Erste Betroffene der Wirtschaftskrise

Dementsprechend würden Leiharbeiter eine Wirtschaftskrise auch besonders stark zu spüren bekommen. Geht es mit der Wirtschaft bergab, sind sie die ersten, die gehen müssen, sagt Haider. Und Haider sieht auch schon erste Vorboten einer neuerlichen Krise: Die Zahl der beschäftigten Leiharbeiter sei bereits leicht rückläufig.