Kaum Therapieangebote in Österreich

Jeder dritte Missbrauch durch Jugendliche

Jede vierte Vergewaltigung und jeder dritte sexuelle Missbrauch wird von Jugendlichen begangen. Die Zahl der wegen Sexualstraftaten angezeigten Jugendlichen ist in den vergangenen drei Jahren gestiegen. Hilfsorganisationen kritisieren, dass es kaum Therapieangebote gibt, die verhindern könnten, dass Täter später im Erwachsenenalter weiter Kinder missbrauchen.

Morgenjournal, 29.11.2011

Familiäre und soziale Einflüsse

Meist richtet sich die sexuelle Gewalt gegen jüngere oder gleich alte Mädchen, zum Teil aber auch gegen kleine Buben. Und die Täter sind oft selbst fast noch Kinder. Gründe für ihr Verhalten sind angeborene Veranlagung und hormonelle Umstände, vermuten Experten, aber auch Alkoholisierung sowie familiäre und soziale Einflüsse spielen eine Rolle. Der Psychotherapeut Peter Wanke arbeitet mit jugendlichen Tätern und macht die Erfahrung, "dass diese Jugendlichen ein großes Minderwertigkeitsgefühl haben und sich deswegen nicht trauen, mit gleich Alten eine Beziehung aufzubauen. Sie haben auch ein ganz furchtbaren Frauenbild, dass eine Frau eh nur eine Hure und eine Ware ist."

Und Wanke, der Mitarbeiter bei der Wiener Kinderanwaltschaft und Obmann des Vereins Limes für missbrauchte Mädchen ist, sagt, viele der Täter hätten sehr früh Trennungen erlebt. "Ihre innere Einsamkeit kompensieren sie damit, dass sie vergewaltigen, um Kontakt herzustellen."

Riesige Dunkelziffer

In Österreich sind im Vorjahr rund 3.000 Sexualstraftaten angezeigt worden, 600 begangenen durch unter 21-Jährige, 350 durch unter 18-Jährige, der höchste Wert seit 2007. Dabei werde selten Anzeige erstattet, speziell bei Missbrauch in der Familie durch jugendliche Täter, sagt Christine Bodendorfer vom Verein Limes. Verurteilt wurden im Vorjahr nur 49 Jugendliche.

Therapievorbilder im Ausland

Allzu gering sei auch das Therapieangebot in Österreich. Nur verurteilten jugendlichen Sexualstraftätern werden spezielle, staatlich finanzierte Therapien angeboten. Anders die Situation im angloamerikanischen Raum und in den Niederlanden. Dort bekommen verurteilte und potentielle Täter verpflichtende Therapie auf Krankenschein. Und Ruud Bullens von der holländischen Universität Leiden berichtet von einer Kampagne mit einer Telefonhotline. "Stop it now" nennt sich das Programm. Das Ziel: Pädophile sollen nicht "pädokriminell" werden sondern durch Therapie lernen, ihre sexuellen Phantasien und ihr Verhalten zu kontrollieren. Ein Programm, das sich heimische Experten nun auch für Österreich wünschen würden.

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