Ein muslimischer Homer Simpson

Alles koscher!

Das britische Kino versucht, dem Thema religiöser Fundamentalismus mit Humor zu begegnen. Der Film "Four Lions" etwa hat eine Gruppe muslimischer Selbstmordattentäter als tragische Slapstick-Figuren gezeigt. Eine leichtere Gangart schlägt "Alles koscher!" ein. Hier macht ein Mitglied der Londoner muslimischen Gemeinde eines Tages eine Entdeckung, die sein Leben auf den Kopf stellt.

Mittagsjournal, 29.11.2011

Ein Allerweltstyp

Mahmud liebt seine Familie und die Gemütlichkeit. Nach außen hin gibt er sich als überzeugter Muslim, dabei ist er alles andere als strenggläubig. Regisseur Josh Appignanesi: "Wir wollten einen muslimischen Homer Simpson, einen Allerweltstypen, der ein bisschen dumm scheint, dick ist und zu viel trinkt, am liebsten Fußball schaut und seinen Kindern peinlich ist, das alles aber auf eine sehr liebenswürdige Weise."

Zu Mahmuds Selbstverständnis gehört auch, dass er im Dauerclinch mit einem jüdischen Taxifahrer liegt.

Mahmud hat jüdische Wurzeln

Als Mahmuds Mutter stirbt, stößt Mahmud beim Räumen ihrer Wohnung auf ein altes Dokument. Es stellt sich heraus, dass er adoptiert wurde, damit aber nicht genug, erfährt er doch auch, dass seine Eltern Juden waren.

Mahmud stürzt in eine Identitätskrise. Einerseits versucht er seine jüdischen Wurzeln zu entdecken und zu seinem Vater vorzudringen, gleichzeitig will und darf er aber auch sein muslimisches Leben nicht hinter sich lassen. Sein Sohn möchte sich nämlich in eine streng muslimische Familie einheiraten.

Damit aber gerät Mahmud zwischen die religiösen Fronten und so teilt der Film Seitenhiebe in alle Richtungen aus.

Vorbild Michael Haneke

Was den Humor angeht, habe er, so verriet Appignanesi bei seinem Wien-Besuch, ein großes Vorbild: "Michael Haneke ist meine wichtigste Inspiration in Sachen Komödie und ich will sehen, ob ich es schaffe, ihn zum Lachen zu bringen. Ich mag seine Art von Humor und sie hat mich stark beeinflusst. Das ist kein Witz. Ich meine das so, wie ich es sage. Er ist mein Lieblingsregisseur."

Mahmud wird vom britischen Stand-up-Comedien Omid Djalili gespielt, der auch schon in einer eigenen Fernsehshow die Verkrampftheit des religiösen Fanatismus auf die Schaufel genommen hat. Ihn, vor allem auch in den slapstickhaften Szenen ein bisschen einzubremsen, hätte der Wirkung des Films gut getan.

Erleichterung beim muslimischen Publikum

Dem britischen Publikum hat's aber gefallen. "Besonders in der muslimischen Bevölkerung gab es ein Aufatmen, weil es hier endlich eine muslimische Filmfigur gab, die kein Terrorist war, sondern ein ganz gewöhnlicher Mann, und nicht einmal ein besonders frommer", so Appignanesi. "Und das empfanden sie als Erleichterung, denn hier war der Beweis, dass auch Muslime komisch sein können."

Auch wenn "Alles koscher!" mit vergleichsweise kleinem Budget entstanden ist, kommt der Film daher wie eine Mainstreamkomödie, die in rasanter Fahrt auf Lacher und Pointen setzt. Drohungen oder Angriffe gegen den Film blieben übrigens aus. Das kann heißen, dass er den Fundamentalisten beider Seiten zu harmlos ist, oder dass sie herzhaft gelacht haben.

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