Notstand für Spitäler

Ärztemisere in der Slowakei

Aus Protest gegen die Reformpläne der Regierung hat mehr als ein Drittel aller slowakischer Spitalsärzte per 1. Dezember die Kündigung eingereicht. Die Regierung hat nun zwar Zugeständnisse gemacht, trotzdem setzen die Ärzte ihren Protest fort. Die slowakische Regierung rief nun in 15 Spitälern den Notstand aus.

Morgenjournal, 2.12.2011

Notstand soll Ärzte unter Druck setzen

Seit Wochen liefern sich die Krankenhausärzte in der Slowakei heftige Kontroversen mit der Regierung. Die Ärzte sind gegen die von der Regierung geplante Umstrukturierung der Spitäler in Aktiengesellschaften, außerdem fordern sie bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Um zu zeigen, wie ernst sie es mit ihren Forderungen meinen, haben viele gekündigt.

Das Krankenhaus von Trnava ist eines jener 15 Spitäler in der Slowakei, über die der Notstand verhängt wurde. In der Telefonzentrale des Krankenhauses laufen die Telefone heiß. Die Menschen wollen wissen, ob ihre Operationen, ihre Untersuchungen stattfinden. Aber alle sind ruhig und lassen sich alles erklären, sagt Krankenschwester Maria Luschakova. Der Direktor des Krankenhauses gibt sich zuversichtlich: "Ich glaube, es wird sich irgendwie ausgehen. Die akuten Fälle können wir jedenfalls versorgen."

Gekündigt, gezwungen, krank

"Bei uns ist die Lage sehr angespannt", erklärt hingegen die Sprecherin des Kinderspitals in Bratislava Dana Kamenicka. "Bei 85 Ärzten von uns ist die Kündigungsfrist abgelaufen. Ohne sie müssten wir zusperren. Durch die Ausrufung des Notstands sind diese Ärzte nun verpflichtet zu kommen, aber nur die Hälfte hat es getan. Die schwierigste Lage ist in der Kinderchirurgie, da fehlen heute die meisten Ärzte."

Der Notstand ist das letzte Mittel der slowakischen Regierung, den Betrieb in den Spitälern irgendwie aufrecht zu erhalten. Mit der Notstandsregelung können nämlich die Ärzte rechtlich gezwungen werden, zum Dienst zu erscheinen. Doch dutzende Ärzte umgehen dies, indem sie sich gegenseitig krankschreiben.

Vier Forderungen

Die Ärztegewerkschaft will mit allen Mitteln die Regierung zum Einlenken bewegen: "Wir haben vier Bedingungen", erklärt Marian Kollar, der Chef der Ärztegewerkschafter: "Erstens muss die Umwandlung der Spitäler in Aktiengesellschaften unwiderruflich gestoppt werden. Spitäler können nicht wie Firmen geführt werden. Zweitens braucht der Gesundheitsbereich eine bessere Finanzierung, drittens mehr Personal und viertens die Ärzte mehr Lohn. Ansonsten wandern unsere Ärzte ins Ausland ab."

Entgegenkommen reichen nicht

In einem Punkt hat die Regierung schon nachgegeben: Eine Lohnerhöhung von 300 Euro ist den Ärzten zugesagt. Mehr sei angesichts der wirtschaftlichen Lage derzeit nicht möglich, so Premierministerin Iveta Radicova. Die Regierung will inzwischen auch von den geplanten Aktiengesellschaften für Spitäler abgehen. Die Gewerkschaft will aber alle vier Punkte erfüllt sehen.

Gesundheitsminister Ivan Uhliarik hat inzwischen seinen Rücktritt angeboten: "Wenn meine Person ein Hindernis bedeuten sollte, um eine Einigung mit den Ärzten zu erzielen, dann bin ich bereit meine Funktion zur Verfügung zu stellen. "

Hilfe in Österreich

Um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, hat die slowakische Regierung nun die Nachbarländer um Hilfe gebeten. Österreich hat zugesagt, slowakische Patienten im Akutfall in österreichischen Spitälern zu behandeln. Tschechien plant sogar, eigene Militärärzte als Aushilfe in die Slowakei zu schicken. Die tschechische Regierung will darüber heute abstimmen.