Die "Café Sonntag"-Glosse von Alfred Noll

Zeitung und Ente

Auf der politischen Bühne wird geredet, geredet, geredet und geredet - und es wird doch so wenig gesagt! Und unsere Medien können der Verlockung, uns diesen Sprachmüll zeitnah zu servieren, nicht widerstehen.

Auf der politischen Bühne wird geredet, geredet, geredet und geredet - und es wird doch so wenig gesagt! Und unsere Medien können der Verlockung, uns diesen Sprachmüll zeitnah zu servieren, nicht widerstehen.

Und bevor noch unser Parlament erfährt, wonach die Regierung trachtet, lesen wir es schon in der Zeitung, sehen und hören wir es im ORF - und ehe noch unsre Volksvertreter einen Reim sich darauf machen könnten, ist die Nachricht auch schon wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Kein Mensch interessiert sich für die Ankündigungen von gestern.

Politik findet nicht statt - die mediale Beschleunigungsmaschine zerstört die Möglichkeitsbedingungen politischer Diskussion.

Es wäre gewiss ein ganz und gar anachronistischer Ansatz, den Medien bessere Qualität der Berichterstattung abzufordern. Die Zeiten sind zu ernst. Was wir wirklich brauchen, das ist Stille. Nur wenn es wirklich ruhig ist, wenn sich wirklich nichts tut, dann muss man nicht darüber berichten.

Man muss unseren Politikern den Mund verbieten, wir müssen sie zwingen, nicht zu reden - sie sollten uns zumindest an einem Tag in der Woche in Ruhe lassen mit ihren Ankündigungen und ihren Versprechungen, mit ihren Plattitüden und Phrasen, mit ihren Ausreden und Entschuldigungen, mit ihrem steifen Vortrag und ihrem überreich zur Schau gestellten Unverständnis - ein Tag pro Woche nur sollte Ruhe sein, das ist doch nicht zu viel verlangt!

Auch sollten wir uns nicht scheuen, das Anliegen in zutreffende Worte zu kleiden: Was hoch an der Zeit ist, das ist die Forderung nach einer wirksamen, verfassungsrechtlich abgesicherten Zensur für Politiker. Hier könnten wir wirklich sparen. Und worüber man nicht redet, darüber könnten die Medien dann endlich schweigen - was böte sich nicht an Möglichkeiten, das Publikum mit den gewitzten Produkten journalistischen Handwerks zu unterhalten, zu belehren und zu enthusiasmieren!

... und deshalb, ohne mich ansonsten mit unseren Politikern gemein machen zu wollen, schweige auch ich.