Polit-Drama von und mit George Clooney

Tage des Verrats

Im römischen Kalender fielen die "Iden des März" auf den 15. Tag des Monats März, auf jenen Tag, an dem Gaius Julius 44 v. Chr. ermordet wurde. Seither gilt dieses Datum als Synonym für bevorstehendes Unheil. Und genau davon handelt auch der neue Film von Regisseur und Schauspieler George Clooney, der hinter die Kulissen eines US-amerikanischen Vorwahlkampfs blickt.

Kultur aktuell, 19.12.2011

Eine politische Lichtgestalt, ein ehrgeiziger Stratege, eine hübsche Praktikantin, Macht und Intrigen: George Clooneys neuer Film hat alle Zutaten für einen klassischen Politthriller. Dass das Drama alles andere als herkömmlich ist, verdankt es vor allem Ryan Gosling, aber nicht nur: Clooney führte nicht nur Regie, er hat den Film auch mitproduziert, das Drehbuch mitgeschrieben und er ist der wichtigste Nebendarsteller.

Auch du, Stephen?

Im Mittelpunkt des Films stehen der charismatische und liberale Gouverneur Mike Morris (Clooney) und sein noch charismatischerer Pressesprecher Stephen Meyers (Gosling). Der junge Meyers ist voller politischer Ideale und will Morris - wie er sagt aus tiefster Überzeugung - dabei helfen, Präsidentschaftskandidat der Demokraten zu werden.

Doch dazu muss Morris erst einmal die Vorwahl in Ohio gewinnen. Der Film spielt im März, in den letzten, entscheidenden Tagen vor dieser Wahl und zeigt, wie der überaus talentierte Anfänger in den Wirbelsturm eines Skandals gerät, der ihn zu überrollen droht. Plötzlich muss Stephen Meyers sich selbst fragen, wie loyal, wie ehrlich und wie fair derjenige überhaupt sein kann, der im Politikgeschäft Erfolg haben will, und welche Prioritäten er selbst setzen möchte. "Auch du, Brutus?" - "Auch du, Stephen?".

Die dunkle Seite der Politik

Mit "The Ides of March" beleuchtet ein Film einmal mehr die dunkle Seite des Politikgeschäfts. Denn das scheint einen Leitsatz zu befolgen, der in etwa so lautet: Du darfst alles tun in der Politik. Du darfst betrügen und lügen - so lange du nicht mit der Praktikantin ins Bett gehst. Parallelen zum Film "Bill McKay - Der Kandidat" von 1972 mit Robert Redford in der Hauptrolle sind nicht zu verleugnen. Clooneys Film, der in diesem Jahr das Filmfestival Venedig eröffnete, ist also sicher das, was man ein klassisches Politdrama nennen könnte - aber er ist genauso sicher alles andere als herkömmlich.

"The Ides of March" ist ein spannender, packender und tatsächlich erschütternder Politkrimi geworden, der - ohne den moralischen Zeigefinger allzu sehr zu heben - die Frage nach eben dieser Moral und ihrem Platz in der Politik stellt.

Text: APA, Red., Audio: ORF