Das Eröffnungswochenende

Europäische Kulturhauptstadt Maribor

Zwei europäische Kulturhauptstädte gibt es heuer wieder - die eine umfasst eine ganze Region: Maribor, die zweitgrößte Stadt Sloweniens, sowie fünf weitere ostslowenische Städte, wie Ptuj und Murska Sobota. Die Eröffnung am vergangenen Wochenende konzentrierte sich aber ganz auf Maribor.

Kultur aktuell, 16.01.2012

Man soll Kulturhauptstädte nicht nach den Eröffnungszeremonien beurteilen. Das zeigt die Erfahrung, besonders bei Kulturhauptstädten in Osteuropa. Auch in Maribor hat man offenbar gemeint, dass es fetten faden Musicalsound braucht, um so einen Eröffnungsakt massentauglich zu machen.

Auch die digitalen Licht- und Formenspiele auf einem Großbildschirm fielen künstlerisch ziemlich uninteressant aus. Die Filmzuspielung, eine kleine Reise zu den Schauplätzen des Kulturhauptstadtjahrs, gab nicht viel mehr her.

Nachhaltige Programme

Die Stärken von Maribor 2012 liegen sicher nicht im Spektakel. Es sind die kleineren, unkonventionellen Vorhaben, die eine besondere Qualität des Programms ausmachen, erklärt einer der Kuratoren, der Autor Ales Steger, der bei Suhrkamp publiziert: "Wir haben einen Teil der Programme wirklich auf soziale und ökologische Fragen ausgerichtet. Es ist vielleicht eine Besonderheit, dass wir grundlegend in das Knochenmark dieser Stadt eingegriffen haben und versuchen, längerfristig etwas zu ändern." "Urbane Furchen" heißt das entsprechende Programm.

Maribor war in jugoslawischen Zeiten ein Zentrum der Schwerindustrie, in den 1990ern sperrten die unrentablen Fabriken zu. Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch, die Wirtschaftskrise hat Maribor besonders hart getroffen. Das "Urbane Furchen"-Programm schafft zum Beispiel Möglichkeiten für verarmte Familien, sich mit hochwertigem Obst und Gemüse versorgen zu können. Ein brachliegendes Grundstück im Stadtbereich wurde urbar gemacht für Gemeinschaftsgärten, die Kulturhauptstadt stellt Experten und Saatgut und bringt den Leuten ökologisches Gärtnern bei.

Andere Initiativen leisten etwa Hilfe zur Selbsthilfe in Roma-Gemeinschaften, erklärt die Sozialökologin Marta Gregorcic, die das "Urbane Furchen"-Programm leitet.

Diese Projekte sind kritisch und radikal – aber es kommt sehr viel Unterstützung von den Bürgern in der Stadt. Es geht um die entscheidenden Dilemmas unserer Gesellschaft heute. Die Projekte sollen nicht nur Bewusstsein bilden, sondern auch wirklich konkrete Verbesserungen bringen.

Präsentation der Underground-Szene

Maribor mit seinen vielen Studenten hat eine nicht große, aber spannende Underground-Szene. Auch die wird jetzt im Kulturhauptstadtjahr möglichst sichtbar gemacht. Am Wochenende gab es zum Beispiel eine Straßenvernissage, die Ausstellung bestand aus Projektionen auf zwei Fenstern einer Wohnhausfassade. Eine gut gemachte, poetische Aktion, aber Event-verwöhnten Kulturtouristen ist so etwas schwer zu vermitteln.

Im Hochkultur-Bereich startete Maribor 2012 mit einer Opernpremiere. Der Filmregisseur Janez Burger inszenierte "Schwarze Masken", ein Werk aus der Zwischenkriegszeit, von dem slowenischen Schönberg- und Schreker-Schüler Marij Kogoj. Ein symbolistisches Stück über Selbstentfremdung und ein kollektives Bedrohungsgefühl, wie wir es auch heute wieder erleben. Aus dem vergessenen Werk wäre mehr herauszuholen, als es die recht konventionelle Inszenierung in Maribor zustande bringt.