Komitee Mauthausen und Kultusgemeinde warnen

"Latenter Rassismus nimmt zu"

Am 27. Jänner jährt sich zum 67. Mal der Jahrestag zur Befreiung des KZ Auschwitz. Ausgerechnet an diesem Tag findet der "Burschenschafter-Ball" statt. Für das Komitee Mauthausen und die Israelitische Kultusgemeinde ist das ein "unerträglicher Zufall". Sie warnen vor latentem Rassismus, der hoffähig zu werden drohe.

Mittagsjournal, 19.1.2012

Migranten als Sündenbock für die Krise

Ausländerfeindlichkeit und Alltagsrassismus hätten in Österreich merkbar zugenommen, sagt der Vorsitzende des Mauthausen Komitees, Willy Mernyi: "Es hat mit der Wirtschaftskrise und dem Gefühl der Angst und der Bedrohung zu tun." Man suche sich derzeit für die Krise einen Sündenbock, so Mernyi. Und das sei der Migrant, weil er viel näher sei als die für die Krise verantwortlichen Banken etwa. Mernyi kritisiert jene österreichischen Parteien, die eben diesen latenten Rassismus schüren.

Gedankengut innerhalb Jugendkultur verbreitet

Rechtsextreme Terrorzellen wie in Deutschland gebe es hierzulande zwar nicht. Das heiße aber nicht, dass für Österreich keine Gefahr bestehe, so Mernyi: "Im Vergleich zu Deutschland haben wir zwar weniger kahl geschorene rechtsradikale Skinheads, doch in Östereich sind es die gutaussehenden, gestylten Jugendlichen, die nicht am Rande ihrer Jugendkultur, sondern mittendrin ihr rechtsradikales Gedankengut verbreiten."

Rassismus reicht in den Mainstream

Das bestätigt auch der Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Raimund Fastenbauer. "Die rechtsextreme Szene ist deshalb gefährlich, weil sie sich nicht nur auf schlagende Burschenschaften konzentriert, sondern auch im Schickimicki-Stil in die Diskotheken geht."

Im Vergleich zu Deutschland hätten die Behörden in Österreich die Szene zwar besser im Griff, so Fastenbauer, aber deren Umfeld reiche weiter in den gesellschaftlichen Mainsteram hinein: "Wir haben ja auch einen Nationalratspräsidenten, der einer rechtsradikalen Verbindung wie der Olympia angehört", sagt Fastenbauer. "Es gibt in Österreich also einen sehr fließenden Übergang."

Junge outen sich immer öfter

Gerade unter Jugendlichen werde rechtsradikales Gedankengut immer öfter als normal angesehen, ergänzt Willy Mernyi. "Im Gegensatz zu früher outen sich die jungen Menschen im Betrieb ganz klar. Sie sind dort aber keine Randgruppe mit ihrer Meinung mehr, sondern geben den Ton an."

Immer mehr Lehrer und Ausbildner wendeten sich wegen auffälliger Schüler an das Mauthausen Kommitee, sagt Mernyi: "Erst waren es einer oder zwei, jetzt habe ich schon das halbe Lehrjahr."

Bessere Behörden-Zusammenarbeit nötig

Eine Neonazi-Datenbank, wie sie jetzt in Deutschland geplant ist, auch in Österreich einzurichten, steht für Mernyi nicht im Vordergrund. Wichtiger sei eine gute Zusammenarbeit der Polizeidienststellen. "Wenn wir Hinweise auf Neonazitreffen bekommen, dann muss aber wirklich ermittelt werden."

Raimund Fastenbauer von der Kultusgemeinde spricht sich hingegen für eine solche Neonanzi-Datenbank aus. Auch für Fastenbauer steht aber im Vordergrund, dass sich die Behörden besser koordinieren, damit gegen einschlägig bekannte Personen auch juristisch vorgegangen wird.