Ohrwürmer im neuen Kleid

Richard Klammers Liebe zum Volkslied

Es gibt Lieder, die kennt fast jeder. Gilbert Bécauds Chanson "L'mportant c'est la rose" gehört wohl zum unauslöschlichen Allgemeingut des akustischen Gedächtnisses. Aber auch ein Volkslied kann schnell zum Ohrwurm werden, wenn es gilt, sonnige Täler, schöne Blumen und noch viel schönere Mägdelein zu besingen.

Richard Klammer, Sänger und Blechbläser

Smoking statt Lederhose

Gegen Hörgewohnheiten anspielen

Was Hunderte Male gehört wurde, gerät in Gefahr, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Die Musikgruppe The Talltones, zu Deutsch "Große Töne", bestehend aus dem Sänger und Blechbläser Richard Klammer, dem Bassisten Stefan Gfrerrer und dem Gitarristen Primus Sitter, spielt gegen eingefahrene Hörgewohnheiten an. Ausgewählte Lieblingslieder der Band wie das erwähnte Bécaud-Chanson, aber auch Klassiker wie Pink Floyds "Money" oder "These Boots Are Made for Walking" von Lee Hazlewood werden von den Talltones mit Inbrunst neu vertont und mit frischen, subtilen Aspekten versehen.

Das Kärntner Volkslied "In der Mölltolleitn" wiederum wurde den Trachtenchören entrissen und auf wahrhaft unkitschige Weise, aber mit nicht weniger Herzblut, neu gesungen. Längst zum Klischee gewordene Bilder bieten so auf einmal einen neuen Anblick und führen zu erhellenden Einsichten. Sänger Richard Klammer, übrigens selbst aus dem Kärntner Mölltal gebürtig, verrät, wie die Band an das Kärntner Heimatlied herangeht:

"Diese pompösen Chorgesänge und diese langsamen Molllieder möchte ich eigentlich nicht so bringen, wir wollen das eher auf eine andere Ebene heben, und das ist interessant bei solchen Volksliedern, wie sie sich dann ändern. Du nimmst die Lederhose weg und ziehst ihnen eine Smokinghose an und einen Kärntner Hut - man muss die Sachen anders kleiden, dann hört man sie auch anders. Speziell bei diesem Kärntner Lied gibt es viele Anhaltspunkte, Neues zu machen. Wolfgang Puschnigg macht das auf elegische Art, bei uns sehe ich da eher den Blues."

Wälzen und umformen

Hinterfragen, sezieren und wieder zusammenbauen, dies sind die Arbeitsschritte der Talltones. Das klingt theoretisch, ist es aber nicht, so Klammer: "Wir probieren einfach. Wir nehmen ein Lied, das uns gefällt, und das wird gewälzt und geformt und gewälzt und geformt und es geht auf oder geht nicht auf. Wir machen das nicht auf dem Reißbrett, sondern wir proben coram publico, dann kriegt's mit der Zeit auch einen eigenen Drive.

Richard Klammer betätigt sich in Kärnten als unermüdlicher Kulturarbeiter, so ist er auch Mitglied der "Kunstsportgruppe", die sich der Verbindung von bildender Kunst und Musik verschrieben hat. Klammer hat beim Maler Marcus Prachensky studiert, und hat auch das Cover der Talltones-Debüt-CD gestaltet. Zu sehen sind darauf zahlreiche Schachteln aus Karton. Jede für sich stellt ein Häuschen dar, eine Art Heim - oder auch nicht, je nachdem, wie man "Daheim" definiert.

In Kärnten, wo die Talltones leben und arbeiten, gilt es in Sachen Kunst und Kultur noch einiges aufzuholen, befindet Richard Klammer. Er und seine Talltones verstehen sich in diesem Rahmen als Protestzelle der subtilen Art: ohne großes Geschrei, dafür mit umso feineren Zwischentönen.

Service

The Talltones