Reiche zur Kasse bitten

AK-Tumpel: Budget mit Steuern sanieren

Arbeiterkammer (AK) und ÖGB wollen bis zu 5,4 Milliarden Euro auf der Steuerseite in den nächsten Jahren aufbringen. Vermögende, Bauern, Wirtschaft, Industrie sollen belangt werden. Als Klassenkampf will AK-Präsident Herbert Tumpel das nicht verstanden wissen. Und entgegen der Meinung der meisten Experten sieht er auch in den Steuerideen die einzige Chance, das Budget zu sanieren.

Mittagsjournal, 21.1.2012

AK-Präsident Herbert Tumpel ist "Im Journal zu Gast" bei Klaus Webhofer

"Arbeitnehmer nicht schuld"

Die Senkung des Budgetdefizits sei eine "unheimlich große Herausforderung", so Tumpel im Ö1 Interview. Doch der Auslöser für die hohe Verschuldung sei die Finanzkrise, und an der seien keinesfalls die Arbeitnehmer schuld. Die unteren und mittleren Einkommen seien steuerlich bereits sehr hoch belastet - bis zu 40 Prozent selbst bei jenen, die keine Lohnsteuer zahlen, nämlich durch Sozialversicherungsabgaben, die Mehrwertsteuer und indirekte Steuern.

Reiche können und sollen zahlen

Die Steuerstruktur müsste gerechter sein, aber jetzt müsse man das Budgetdefizit verringern, so Tumpel. Reiche, Vermögende, Grundbesitzer sollen beim kommenden Sparpaket zur Kasse gebeten werden, fordert der Arbeiterkammerpräsident: "Die tun so, als würden sie unheimlich belastet sein. In Wirklichkeit ist das nicht der Fall. Und sie haben am meisten profitiert, und die sollen auch einen entsprechenden Anteil, weil sie auch leistungsfähiger sind, zur Verfügung stellen."

Konkrete Sparvorschläge gefordert

Dass die ohnehin bereits hohe Abgabenquote nach oben geht, würde Tumpel "in Kauf nehmen". Man bekenne sich aber auch zum Durchforsten der Förderungen, der Steigerung der Effizienz und der Beseitigung von Doppelgleisigkeiten. Auch gegen Einsparungen hätte Tumpel im Grunde nichts einzuwenden, aber er hätte von den Vertretern dieser Forderungen wie Wirtschaftskammer, WIFO oder Rechnungshof gerne konkrete, nachvollziehbare Modelle auf dem Tisch, ohne gravierende Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger.

Pensionen: Länger arbeiten ermöglichen

In der Debatte um eine Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters fordert der AK-Präsident, man möge sich "um die Menschen genauso kümmern, wie man sich um Maschinen im Betrieb kümmert", damit sie in der Lage sind, länger zu arbeiten. Bei körperlich belastenden Tätigkeiten habe man große Fortschritte gemacht, sich aber zu wenig gekümmert um psychische Belastungen. Die Unternehmen sollten Älteren mehr Chancen geben und altersgerechte Arbeitsplätze anbieten. Nein sagt Tumpel zu höheren Abschlägen bei früherem Pensionsantritt, die seien ohnehin bereits beträchtlich.

Bauern sollen mehr zahlen

Dass sich die Arbeitnehmervertreter besonders für einen Abbau der Steuerprivilegien der Bauern ins Zeug legen erklärt Tumpel damit, dass 90 Prozent der Bauern keine Steuern zahlten. Der Beitrag der Bauern zum Steueraufkommen betrage 100 Millionen Euro - bei 4,5 Milliarden an Zuschüssen und Förderungen, die der Steuerzahler zu begleichen habe. Leistungsfähige Bauern sollten daher einen entsprechenden Beitrag zahlen, so Tumpel.

Steuerforderungen

Während Tumpel die Erhöhung der Massensteuern ablehnt, will er eine klassische Vermögenssteuer in Höhe von 0,5 bis einem Prozent ab 700.000 Euro, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes von hohen Einkommen, die Einschränkung der Gruppenbesteuerung, das Ende der Spekulationsfrist bei Immobilien, eine Reform der Grundsteuer, und er will steuerliche Privilegien von Stiftungen und Bauern streichen. Außerdem befürwortet der AK-Präsident die Wiedereinführung einer Art Börsenumsatzsteuer, sollte es zu keiner Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene kommen.