Wechsel zu den Bregenzer Festspielen geplatzt

Roland Geyer bleibt daheim

Im vergangenen Mai wurde er als Nachfolger von David Pountney bei den Bregenzer Festspielen vorgestellt, nicht einmal ein Jahr darauf ist die potenzielle Intendantenkarriere von Roland Geyer im westlichsten Bundesland Österreichs auch schon wieder Geschichte bevor sie begonnen hat.

Wie am Dienstag, 24. Jänner 2012, bekanntgegeben wurde, ist der Wechsel aufgrund "unüberbrückbare Auffassungsunterschiede" geplatzt. Ursprünglich hätte Geyer mit 2015 nach Vorarlberg wechseln sollen und bis 2016 noch parallel das Theater an der Wien betreut.

Organisationstalent Geyer

Geboren wurde Roland Geyer am 29. Dezember 1952 in Wien. Schon seine Studienzeit zeigte das vielfältiges Interesse des Multitalents, das nach der Matura (1971) Wirtschaftsmathematik an der TU Wien, Sportwissenschaften an der Universität Wien sowie Kulturmanagement an der Musikhochschule belegte. Ende der 1970er und Anfang 1980er Jahre war Geyer fünf Jahre als EDV-Analytiker in einer Computerfirma sowie als EDV-Ausbilder am Wirtschaftsförderungsinstitut Wien tätig, daneben verfasste er vier Lehrbücher über Softwaredesign und Programmierung.

Als Organisationstalent kümmerte er sich in seiner Freizeit um diverse Sport- und Kulturprojekte, bevor 1982 unter seiner Leitung das Kultur- und Sportwesen der Stadt Amstetten neu aufgebaut wurde und Geyer im Jahr darauf die Stadt mit der Gründung der Amstettener Sommerfestspiele zum Musicalspielort machte. Gut zehn Jahre lang war der Wiener in der Folge alleiniger Geschäftsführer bzw. Generalsekretär der Jeunesse Österreich, mit dem Dirigenten Manfred Honeck gründete er 1987 das Wiener Jeunesse Orchester. Zusätzlich war er als Kuratoriumsmitglied in den Internationalen Jeunesse Musicales tätig, von 1995 bis 1997 auch als Präsident des Jeunesse Weltorchesters.

Seit 2006 am Theater an der Wien

Die Musik sollte auch weiterhin die Karriere des heute 59-Jährigen begleiten: 1996 trat er seinen Posten als Wiener Musikintendant an und zeichnete für jährlich rund 70 Konzerte und Musiktheaterproduktionen verantwortlich. Bevor er 2006 als Intendant des als Opernhaus neupositionierten Theaters an der Wien antrat, war er für die Leitung der Grazer Oper im Gespräch, brach die Verhandlungen allerdings ab.

Mit der Wiedereröffnung des Theaters an der Wien als "Das Neue Opernhaus" sorgte Geyer für Aufsehen - und seitdem für anhaltenden Erfolg im Haus. Mit Schwerpunkten auf barockem und zeitgenössischem Musiktheater, Präsentation internationaler Koproduktionen, sowie der Einbindung von RSO Wien und Symphonikern als Opernorchester erspielte man sich einen wesentlichen Platz in der Musiklandschaft der Bundeshauptstadt - mit Auslastungszahlen jenseits der 95 Prozent und einer Vervierfachung der Abozahlen.

Vertragsverlängerung in Wien?

Mit 2015 hätte er nun die künstlerische Leitung der Bregenzer Festspiele übernehmen sollen, mit Ende seines Vertrages in Wien im Jahr darauf auch als Geschäftsführer. Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte Geyer mit Umbauplänen für die Seebühne in Bregenz aufhorchen lassen und auch Kritik geerntet. Wer dem neuen Bregenz-Präsidenten Hans-Peter Metzler nun künftig zur Seite stehen wird, ist also wieder offen.

Für Geyer könnte indes eine Vertragsverlängerung bis 2018 im Theater an der Wien in Aussicht stehen - zumindest kündigte dies VBW-Generaldirektor Thomas Drozda gegenüber der APA an. In jedem Falle wird der Theater-an-der-Wien-Intendant federführend an einer Neuausrichtung der Kammeroper beteiligt sein und dort ab Herbst gemeinsam mit Walter Kobera Aufführungen seines Hauses und der freien Szene realisieren.

1995 wurde Geyer mit dem "Ordre des Arts et des Lettres" des französischen Kulturministeriums für Verdienste um die französische Musik in Wien ausgezeichnet, 2002 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 2009 das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Bedauern in Bregenz

Der designierte Präsident der Bregenzer Festspiele, Hans-Peter Metzler, äußerte angesichts der Trennung von Geyer großes Bedauern. "Es tut uns sehr leid, dass die anvisierte, sehr erfolgversprechende Zusammenarbeit nicht zustande kommt", sagte Metzler auf APA-Anfrage. Beide Seiten hätten in den vergangenen Monaten bei der detaillierten Konzeptarbeit festgestellt, "dass sich völlig verschiedene Auffassungen ergeben". Obwohl man persönlich sehr zusammengewachsen sei, habe dies dazu geführt, "dass wir nicht mehr zusammenkommen", so Metzler, der den Festspielen de facto bereits vorsteht.

Wunschsituation sei dies natürlich keine, dennoch habe man schnell und professionell reagieren wollen, um den Schaden möglichst gering zu halten. Bei der Suche nach einem neuen Intendanten, der die Bregenzer Festspiele ab 2015 führt, werde man eine Findungskommission einrichten, die die Auswahl unterstützt. Bis spätestens Herbst soll der neue Intendant gefunden sein. "Wir sind in einer soliden Position und sicher nicht zu spät", sagte Metzler. Dass mit einem neuen Intendanten eine "dritte Pionierphase" nach 1950 und 1980 angegangen werden soll, bekräftige Metzler.

Darüber, dass David Pountney auch 2014 "künstlerischer Verantwortlicher" der Festspiele bleibt, zeigte sich Metzler sehr glücklich. "Damit haben wir eine stabile Lösung".