Historiendrama um Marie Antoinette

Eröffnungsfilm der Berlinale

Am Donnerstag, 9. Februar 2012, wurden in Berlin die 62. Filmfestspiele eröffnet. Und das mit einem für diese Zwecke eher ungewöhnlichen Film: Das französische Historiendrama "Les adieux à la reine" über den Beginn der Französischen Revolution schwelgte nämlich nicht in Opulenz, sondern zeigte die letzten Stunden Marie Antoinettes aus den Augen einer ihrer Dienerinnen.

Kultur aktuell, 10.02.2012

Wenn der Eröffnungsfilm einem Festival ein Thema vorgibt, dann stehen heuer auf der Berlinale alle Zeichen auf Revolution und Umsturz. Gezeigt wurden im französischen Drama "Les adieux à la reine" aber nicht Blut und Gewalt, nicht der Sturm des Volkes auf die Bastille und die Guillotine, die ihre blutige Arbeit aufnimmt, sondern die inneren Gemächer Versailles. Und in dieser völlig realitätsfernen Parallelwelt sieht man sich von den Aufständen völlig vor den Kopf gestoßen.

"Jemand hat einmal gesagt, dass alle Epochenenden sich gleichen", sagt Regisseur Benoit Jacquot. "Die Mächtigen sehen sich einfach nicht imstande, ihr Verhalten und ihre Art des Regierens zu ändern. Bis schließlich offene Panik ausbricht. Daran scheint sich seit Ewigkeiten nichts geändert zu haben."

Diane Kruger spielt Marie Antoinette, die in ihren letzten Tagen mit jedem Kleiderwechsel auch ihre Persönlichkeit zu wechseln scheint. Während das Volk die Bastille stürmt, schwelgt sie noch in Blumenstickereien für ihr neues Kleid, um einen Tag darauf wieder die skrupellose Despotin zu sein, die über Leichen geht. Diane Kruger spricht von den Dreharbeiten als einer emotionalen Achterbahnfahrt.

Boualem Sansal ist Jurymitglied

Bereits am Vormittag hat sich die Jury vorgestellt und deren Vorsitzender, der britische Regisseur Mike Leigh, hat da mit einer bedeutenden Prognose fürs Weltkino aufhorchen lassen. Erstmals in der Geschichte sei nämlich, so Leigh, ein Abnehmen der Macht Hollywoods feststellbar.

In Mike Leighs Jury sitzen neben den Schauspielern Jake Gyllenhaal und Charlotte Gainsbourg auch drei weitere Regisseure, darunter der Iraner Asghar Farhadi, der letztes Jahr mit seinem Drama "Nadar und Simin" den Goldenen Bären gewonnen hat. Das einzige außerhalb des Filmzirkus' stehende Jurymitglied ist der algerische Schriftsteller Boualem Sansal, der letztes Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde. Er ging auf die politische Situation in Nordafrika ein: "Der Maghreb hat ein Identitätsproblem. Zum einen sind diese Völker Afrikaner, zum anderen Araber. Das einzig Verbindende ist die Religion. Gerade das spielt aber den Islamisten, die diesen Faktor betonen, eine so ungeheure Macht zu."

Revolutionen im Kino und auf der geopolitischen Landkarte. Die Berlinale findet zu einer brisanten Zeit statt. Jetzt darf man gespannt sein, was sie in den kommenden zehn Tagen daraus macht.

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