Debatte um Produktpiraterie und Internetfreiheit

ACTA: Widerstand regt sich

Seit fünf Jahren wird es verhandelt: ein neues Abkommen, das sich gegen Produktpiraterie wenden soll und unter der englischsprachigen Abkürzung ACTA bekannt wurde. Jetzt regt sich wachsender öffentlicher Protest gegen dieses Abkommen. Im Europaparlament gehen die Meinungen auseinander.

Mittagsjournal, 16.2.2012

Aus dem Europaparlament,

Österreich hat den ACTA-Vertrag bereits unterzeichnet, ohne große Diskussionen - die regen sich. Die kocht europaweit jetzt hoch, weil Internetaktivisten um die Freiheit im Internet fürchten. Am vergangenen Wochenende wurde in mehreren europäischen Städten demonstriert. Mehrere EU-Staaten haben ihre Unterstützung zurückgezogen. In Brüssel wehrt sich die Kommission gegen den Vorwurf, dass hinter geschlossenen Türen verhandelt wurde. Im Europäischen Parlament, das dem Abkommen zustimmen müsste ebenso wie die Mitgliedsstaaten, gehen die Meinungen weit auseinander.

Details aufgelistet

In allen Details, inklusive Datum und Ortsangabe, listet die Europäische Kommission die Informationssitzungen, Notizen und Absprachen auf, mit denen das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten in die fünfjährigen Verhandlungen über das umstrittene ACTA-Abkommen eingebunden waren.

Breiter Widerstand

Für den fraktionslosen österreichischen Europaabgeordneten Martin Ehrenhauser stoßen bei dieser Art von Argumentation die politischen Kulturen unterschiedlicher Generationen aufeinander. Eine junge Generation von Menschen träfe auf eine alte Generation von Politikern, die noch nicht verstanden hätten was Internet ist.
Ähnlich die Haltung der europäischen Grünen, die im Europaparlament für eine Ablehnung des ACTA-Abkommens eintreten.

Die grüne Kovorsitzende Rebecca Harms: mit ACTA gehe es um eine Richtungsentscheidung. Die Kontrolle des Internets sei abzulehnen.
Europaabgeordneter Martin Ehrenhauser sieht nach wie vor die Gefahr von Netzsperren für Personen, die unter Verdacht der Internet-Piraterie stehen, obwohl im Vertragstext selbst davon nicht die Rede ist.

EVP für Überprüfung

Dass tatsächlich die staatliche Kontrolle über das Internet durch dieses Abkommen verstärkt wird, bestreiten die Befürworter entschieden. Die Europäische Kommission, die bei den Verhandlungen federführend war, beteuert, dass die europäische Rechtslage durch ACTA um kein Jota verändert würde. Das umstrittene Abkommen soll ja auf internationaler Ebene erleichtern, Fälschungen zu verfolgen und Produktpiraterie zu bekämpfen. Das Internet macht dabei nur einen einzigen Punkt aus. Und gefälschte Markenartikel bringen gerade Europa jedes Jahr einen großen Schaden von 200 Milliarden Euro, wirft ÖVP-Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger ein.

Auf eine Ablehnung des Abkommens vor einer detaillierten Prüfung will sich die ÖVP-Europageordnete nicht festlegen.

Auch SPE dagegen

Die Begutachtung des Acta-Abkommens im Europaparlament hat formell noch gar nicht begonnen. Trotzdem sagt Sozialdemokraten-Chef Hannes Swoboda für seine Gruppe schon jetzt ein klares Nein: „Wir werden an den kritischen Punkten arbeiten und nach Alternativen suchen, wie Produktpiraterie am besten bekämpft werden kann, ohne Eingriffe in die Privatsphäre“, sagt der sozialdemokratische Fraktionschef.

Immerhin: die breite Diskussion über Freiheit und Rechtslage im Internet wird sowohl von Befürwortern als auch Gegner des Anti-Produktpiraterie-Abkommens ACTA begrüßt.

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