Ein politisch, brisantes Bild Moskaus

Die vierte Macht

In dem Politthriller "Die vierte Macht" gerät ein deutscher Boulevardjournalist in Konflikt mit dem russischen Geheimdienst. Die Zutaten für die Handlung wurden der Realität entnommen: Journalistenmorde, rätselhafte Terroranschläge und Tschetschenienkrieg.

Kulturjournal, 05.03.2012

Regisseur Dennis Gansel im Gespräch mit Wolfgang Popp

Wenn ein Film gleich im Vorspann schreibt, dass Handlung und Figuren frei erfunden sind, dann ist das meist ein Zeichen dafür, dass er sich haarscharf entlang der Wirklichkeit bewegt.

Regisseur Dennis Gansel: "Dazu raten einem die Rechtsanwälte ganz dringend, gerade bei so einem Thema. Es geht ja auch um die Mechanismen von Terrorismus und wie bestimmte Staaten auch Terrorismus auch selber nutzen, um Gesetzgebungen durchzudrücken und das ist in Russland extrem gut dokumentiert. Das ist schon sehr nah dran."

Ein "russischer Frühling"?

Eigentlich soll der Klatschreporter Paul Jensen nur ein Moskauer Lifestyle-Magazin auf Vordermann bringen, doch dann kommt er durch die Beziehung zu einer jungen Frau in gefährliche Nähe zur russischen Opposition, so während einer Demonstration.

Gerade mit dieser Massenszene, erzählt Regisseur Dennis Gansel, habe er die politische Entwicklung im Land vorweggenommen: "Vor einem Jahr haben uns die politischen Berater noch gesagt, es ist unrealistisch Demonstrationen mit dreihundert Leuten zu zeigen, denn damals sind vielleicht vierzig oder fünfzig Leute auf die Straße gegangen und das waren noch dazu in der Mehrzahl alte Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben. Mittlerweile gibt es in Moskau Großdemonstrationen mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Viele Freunde von uns, mit denen wir täglich telefonieren, sagen, man kann schon von einem 'Russischen Frühling' reden. Das wird extrem spannend nach den Wahlen."

Kultur aktruell, 05.03.2012

Gedreht in Kiew, recherchiert in Moskau

Gedreht wurde "Die vierte Macht" in Kiew. Aus Kostengründen, da Moskau mittlerweile zu den teuersten Städten der Welt zählt, aber auch, weil sich das Team keinen Repressionen aussetzen wollte.

Recherchiert hat Gansel die Verhältnisse aber vor Ort. Er ist ins Moskauer Nachtleben eingetaucht, hat Zeitungsredaktionen besucht und Informanten getroffen: "Wir haben mit allen möglichen Leuten geredet, darunter auch Leute vom Geheimdienst. So ist uns ein ehemaliger KGB-General, übrigens der beste Freund von Litwinenko, dem Mann, der mit Polonium vergiftet wurde in London, beratend zur Seite gestanden. Und wenn man allein diese Geschichten hört, was es innerhalb des FSB für Methoden gibt, wie mit Terrorismus umgegangen wird, da möchten Sie sofort wieder abreisen."

Verfolgungsjagden, zwielichtige Gestalten und die große Verschwörung - "Die Vierte Macht" verfügt über alles, was einen Politthriller ausmacht. An den Verhältnissen in Russland lässt der Film allerdings kein gutes Haar, sodass man fast hofft, dass sich Dennis Gansel bei aller gründlicher Recherche doch einiger böser Klischees bedient hat.