Symposium im Literaturhaus

Juri Andruchowytsch in Krems

"Europäischer Frühling. Literatur im Brennpunkt der Revolte" heißt ein zweitägiges Symposium, das derzeit im Niederösterreichischen Literaturhaus in Krems stattfindet. Mit dabei: Autorinnen und Autoren aus Serbien und der Slowakei, aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, und - aus der Ukraine: Juri Andruchowytsch.

In seiner Heimat gilt der 52-Jährige nicht nur als einer der wichtigsten Intellektuellen des Landes, sondern auch bereits als Klassiker der ukrainischen Gegenwartsliteratur. Hierzulande kannte man ihn zunächst als brillanten Essayisten, bevor er auch bei uns als Romancier entdeckt wurde: mit Romanen wie "Zwölf Ringe", "Moskoviada", einer aberwitzigen Abrechnung mit der Sowjetunion und - zuletzt auf Deutsch erschienen - "Perversion".

Kulturjournal, 21.03.2012

Kristina Pfoser im Gespräch mit Juri Andruchowytsch

Gespaltene Ukraine

Im Brennpunkt der Revolte, dort wo das Symposium dem Titel nach angesiedelt ist, davon ist die Ukraine meilenweit entfernt, erklärt Juri Andruchowytsch gleich am Beginn. Sieben Jahre sind seit der Orangen Revolution vergangen. Mittlerweile vermitteln Personalagenturen in der Ukraine ganz offen Statisten für Demonstrationen, marschiert wird gegen Bezahlung. Die Opposition ist politisch kaltgestellt und mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Sowjetregimes ist das Land noch immer auf der Suche nach seiner Identität.

Das Land ist gespalten, sagt Juri Andruchowytwsch, aber "die heutige Ukraine bietet reichhaltiges Lehrmaterial zum Thema 'Die Brüchigkeit der Demokratie oder Wie man uns zurück in die Diktatur treibt'", schrieb Juri Andruchowytsch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Und weiter heißt es da: "Es war einmal ein gar nicht übles Land, das Hoffnung schenkte und an die Türen Europas klopfte. Wo ist es geblieben?"

Nach dem Symposium im Niederösterreichischen Literaturhaus Krems reist Juri Andruchowytsch weiter zu den Rauriser Literaturtagen. Dort wird er am Samstag, 24. März 2012, auftreten.

Textfassung: Ruth Halle

Kultur aktuell, 21.03.2012