Coworking für techaffine Arbeitsnomaden

La Cantine

Bis vor einigen Monaten war die Mobilarbeitsszene in Paris eher unterentwickelt. Doch immer öfter wollen EPUs raus aus ihren tristen Homeoffices und gründen Coworking Spaces oder suchen Orte, an denen es sich unter Gleichgesinnten arbeiten lässt.

Steckdosenparadies im Herzen von Paris

In einer überdachten Galerie, in einer weniger überlaufenen Ecke der Pariser Innenstadt, hat sich der Coworking Space La Cantine niedergelassen. Schwarz-orange Möbel stehen auf einem anthrazitgrauen Boden. Die Atmosphäre ist gelassen elegant, wie man es sich von Paris erwartet. Links vom Eingang befinden sich eine kleine Bar und ein paar Cafétische. Ein "café" ist um sensationelle 1,50 Euro zu haben, entnimmt man einer eineinhalb mal eineinhalb Meter großen grünen Tafel hinter der Bar.

Rechts vom Eingang befindet sich der eigentliche Coworking Bereich. Die Luft riecht ein bisschen muffig verbraucht und es gibt kaum direktes Tageslicht. Aber das scheint die Leute nicht zu stören. An ein paar aneinandergeschobenen Tischen sitzen an diesem Nachmittag fast ein Dutzend Menschen.

Nein, er habe kein Büro, meint Jerome Ternac, und zuhause, da seien die Kinder. Er sitzt mit einem aufgeklappten Laptop an einem der Tische. Seitdem er für eine US-amerikanische Software-Firma arbeitet, ist er Arbeitsnomade. Er pendelt zwischen dem Hauptsitz der Firma, die sich in San Francisco befindet, den Programmierern in Polen und seiner Heimatstadt Paris. Zehn bis 15 Tage im Monat sitzt er von 9 bis 19 Uhr in der Cantine. Den Rest der Zeit ist er auf Reisen.

Es sei besser als in einem Café zu arbeiten, schließlich gebe es ausreichend Steckdosen, sagt er. Ein Büro im Herzen von Paris wäre viel teurer und nicht so nett. Schließlich arbeiten hier alle im Techniksektor. "Wäre ich Arzt oder Notar, würde ich wahrscheinlich nicht herkommen", fügt Jerome lachend hinzu.

"Alles was man zum Arbeiten braucht"

Ein paar Stufen führen in den ersten Stock. Dort befindet sich ein kleiner Konferenzraum und ein winziges Büro, das sich die Betreiber der Cantine mit einer NGO teilen. "In großen Firmen ist der Treffpunkt, wo die Menschen aus verschiedenen Abteilungen zusammenkommen und über ihre Arbeit sprechen, normalerweise die Kantine. Das wollen wir den Menschen hier bieten: einen Treffpunkt und alles was sie zum Arbeiten, zum sich Entwickeln brauchen", sagt Nathanael Sorin-Richez.

Mit Computern und neuen Technologie hatte der Mitdreißiger Nathanael Sorin-Richez von Haus aus wenig zu tun. Er hat beim Theater und beim Film gearbeitet. Und doch ist er seit vier Jahren die gute Seele, der Hausmeister und Fädenzieher von einem der ersten Coworking Spaces in Paris.

Die 300 Quadratmeter große Cantine geht auf eine Initiative des Dachverbandes Silicon Sentier zurück, der mehr als 60 Start Ups in Paris zusammenfasst. Inspiration war ein Coworking Space in San Francisco. Doch im Unterschied zu ihrem amerikanischen Vorbild ist die Cantine teilweise mit Steuergeldern subventioniert.

Brutkasten für Start Ups

Im Erdgeschoß neben der Bar hat sich in der Zwischenzeit eine Frau Mitte Dreißig niedergelassen. Die Programmiererin Ann Nicolas hat für eine Firma gearbeitet, die in Frankreich das Betriebssystem Linux vertrieben hat. Vor ein paar Wochen hat die Firma zugesperrt und Ann versucht jetzt, mit ihren Kollegen etwas Neues aufzubauen: "Wir leben nicht alle in Paris. Wir können uns hier treffen um zu arbeiten. Außerdem können wir hier gut andere Menschen treffen, die sich im Orbit der Cantine bewegen. Das ist interessant, wenn man gerade dabei ist, etwas Neues aufzubauen."

Die Cantine ist von Montag bis Freitag von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Mindestens dreimal die Woche finden an den Abenden Veranstaltungen statt: Barcamps, Mini-Konferenzen oder informelle Meet and Greet Soirées. Die Tarife für die Cantine sind übrigens sehr variabel. Sie reichen von halbtägiger Benutzung bis zur fixen Belegung eigener Schreibtische mit Schließfach im 2. Stock. Arbeiten im Cafébereich ist frei.

Angesprochen auf die für eine Millionenstadt wie Paris noch eher unterentwickelte Coworking Szene, meint Nathanael: "Ja klar, für Mobilarbeiter ist es in Frankreich nicht so einfach. Aber es hat sich in letzter Zeit sehr viel getan und das wird noch weitergehen. Es gibt auch immer mehr Cafés, die WLAN haben. Das Café in meiner Straße macht jetzt mit großen Lettern auf sein gratis WLAN aufmerksam. Ich bin guter Hoffnung."

Service

La Cantine
Flickr - So sieht es aus in La Cantine
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