Gewitzte "Russendisko"

8. April 2017, 21:58

Wladimir Kaminer beschrieb in seinem Roman mit viel Ironie, wie er 1990 von Moskau nach Berlin auswanderte und sich im gerade wiedervereinigenden Deutschland durchs Leben schlug.

Drei junge Russen kommen im Sommer 1990 nach Ostberlin, um hier gemeinsam ihren Weg zu machen. Der eine träumt von einer Karriere als Musiker, der zweite verkauft als gewiefter Geschäftsmann Dosenbier und Schmuggelzigaretten und der Ich-Erzähler Wladimir sucht als Glücksritter sein Heil in der Liebe.

Wladimir Kaminers Bestseller "Russendisko" bestand aus 50, nur wenige Seiten starken Kurzgeschichten und war stark autobiografisch gefärbt. Der Ich-Erzähler war ein gewitzter Schelm, der, umgeben von einem Arsenal skurriler Figuren, einige Abenteuer zu bestehen hatte. Der Schelm in Wladimir Kaminers Buch war aber nicht nur ein gewitzter Schelm, sondern auch ein sensibler Beobachter seiner Umwelt und brachte ein sehr stimmiges Bild des 1990 von einer ungeheuren Aufbruchsstimmung angetriebenen Berlin aufs Papier. Das deutsche Feuilleton schwärmte damals von der "frechen und gewitzten Erzählweise dieses fröhlichen Ethnologen".

Regisseur Oliver Ziegenbalg zeigt denn auch nur ein nostalgisch verbrämtes, fast märchenhaftes Berlin. Es ist die fabelhafte Welt des Wladimir, in der sich jedes Problem mit genügend billigem Dosenbier wegtrinken lässt. Und auch Hauptdarsteller Matthias Schweighöfer, derzeit der Kassenmagnet des jungen deutschen Films, trägt dauergrinsend gehörig dazu bei, "Russendisko" als Teenie-Komödie zu belassen. So mag es zwar launig zugehen in der "Russendisko", an der intelligenten Buchvorlage wurde der Film aber flott vorbeiinszeniert.

Textfassung: Ruth Halle