Hommage an Klischees

Woody Allens Rom-Film

Am Samstag, 21. April 2012, läuft in ganz Italien der mit großer Spannung erwartete neue Woody-Allen-Film an. Nach London ("Match Point"), Barcelona ("Vicky Cristina Barcelona") und Paris ("Midnight in Paris") stattet Woody Allen nun mit "To Rome with Love" der ewigen Stadt einen filmischen Besuch ab.

Bisher wurde rund um den Streifen eine beispiellose Geheimniskrämerei betrieben: Man hat etwa die Darsteller bei Strafe dazu verpflichtet, keine Details auszuplaudern.

Kultur aktuell, 21.04.2012

Rom. Piazza Venezia und ein strahlend blauer Himmel dazu. Ein "Vigile", wie man die eleganten, ganz in weiß gekleideten und ebenso weiß behelmten Verkehrspolizisten nennt, lenkt gestenreich und wie ein Dirigent den Autoverkehr. Er weist den Zuschauer in den Film ein und erklärt, dass in Rom alles Geschichte ist.

So wird der Zuschauer in die Geschichte verschiedener Personen eingeführt, die sich allesamt in Rom aufhalten. Vier Episoden, die nicht oder nur lose miteinander verbunden sind. In einer dieser Episoden werden die Erlebnisse eines Ehepaares geschildert, das nach Rom gekommen ist, um die Familie seines zukünftigen Schwiegersohnes kennen zu lernen.

"Ich liebe diese Stadt"

Alec Baldwin spielt in der zweiten Szene einen kalifornischen Architekten, der in Erinnerung an eine Jugendreise nach Rom die Stadt durchbummelt. In der dritten Episode spielt Italiens Starkomiker Roberto Benigni, unvergesslich in dem Film "Das Leben ist schön" von 1997, einen Mann, der mit einem berühmten Schauspieler verwechselt wird. In der letzten Szene verirrt sich ein frisch vermähltes Paar auf dem Weg zu den Verwandten im Trubel der ewigen Stadt.

Woody Allen drehte mehrere Monate lang in Rom. Straßenzüge und Plätze wurden abgesperrt und Allen selbst ließ sich von der römischen Society wie ein rohes Ei herumreichen, wurde vom Bürgermeister empfangen und man las ihm alle Wünsche vom Mund ab. Er selbst bezeichnet diese römischen Monate als einen der schönsten Momente seines Lebens: "Ich kam immer nur als Tourist nach Rom, seit vielen Jahren. Ich liebe diese Stadt und kann mich hier wirklich verwirklichen."

Allen als verwirrter Amerikaner

Der Regisseur aus New York war von Rom so angetan, dass er endlich wieder selbst in eine Rolle schlüpfte. Als Film-Ehemann von Judy Davis interpretiert er einen leicht verwirrten Amerikaner. Für diese Episode des neuen Film suchte sich Allen den italienischen Tenor Fabio Armillato als Partner aus:

"Er kümmerte sich um jedes Detail", so Armillato, "zum Beispiel um meine Duschszene. Ich spiele einen Bestattungsunternehmer, der, wie um seine Seele von dieser traurigen Arbeit zu erleichtern, nach der Arbeit lange duscht und dabei Opernarien singt. Alles musste wie zufällig wirken und war doch bis ins Kleinste von ihm vorbestimmt worden."

Das Resultat dieser perfektionistischen Arbeit: ein Rombild, das verklärter nicht sein kann. Allen betet alle Klischees nach, die über Rom im Umlauf sind: schönes Wetter, faszinierende Straßen und Plätze, himmlische Barockfassaden, gut aussehende Menschen, Wohlstand und wo Armut gezeigt wird, ist sie ungemein "amazing". Anscheinend hatte Allen ständig eine rosarota Brille vor den Augen - oder genauer: vor seiner Kamera.

Ein wunderschöner Film über eine wunderschöne Stadt

Nach all der Geheimnistuerei um diesen neuen Film hatte man sich doch mehr erwartet. Vielleicht eine subtile Hinterfragung des Rom-Klischees oder jedenfalls einen Ansatz davon. Oder versteckt der Meister in seinem Hochglanzfilm eine tiefere Bedeutung so gut, dass der Zuschauer sie nicht mehr finden kann?

Allen sagt nichts zu diesem Kritikpunkt, sondern wiederholt immer nur: "I love Rome" - und man will es ihm nach dem Film wirklich glauben. Allen drehte einen wunderbar schönen Film über eine wunderbar schöne Stadt. Nicht mehr und nicht weniger. Ein Rom-Film wie ein Werbespot - die chronisch Italophilen, von denen es in Österreich eine Menge gibt, werden auf jeden Fall begeistert sein.