EU braucht mehr Geld gegen die Krise

Experte: "Projektbonds sind Alibiaktion"

Die EU-Staats- und Regierungschefs suchen Wege aus der Krise. Ein Weg könnte über sogenannte Projektbonds führen. Staaten können sich Geld für bestimmte Großprojekte ausborgen für Stromnetze oder Verkehrsverbindungen. Allzu viel Geld wird da aber nicht zur Verfügung stehen. Spezialisten für den Anleihen-Markt sehen diese Bonds eher als Alibiaktion.

Mittagsjournal, 23.5.2012

Projektbonds an sich gute Idee

Die projektbezogenen Anleihen sollen zum Teil durch das EU-Budget abgesichert werden. Das heißt, die EU-Länder haften gemeinsam dafür. Das soll private Investoren anziehen - und grenzüberschreitende Projekte wie Stromnetze, Straßen oder Schienen möglich machen. Die Europäische Investitionsbank in Luxemburg soll die Projektbonds verwalten.

Ausmaß aber zu gering

Das ist vom Prinzip her eine gute Idee, sagt der Anleihespezialist Robert Senz von Raiffeisen Capital Management. Allerdings nur, bis man sich die Größenordnungen ansieht. In einer ersten Pilotphase will die EU 230 Millionen Euro zur Verfügung stellen, mit Hilfe privater Investoren soll der Betrag auf viereinhalb Milliarden Euro wachsen.

Im Vergleich zum Markt europäischer Staatsanleihen sei diese Summe verschwindend gering: allein der italienische Staatsanleihemarkt hat ein Volumen von 2.000 Milliarden Euro, ähnlich wie in Deutschland und etwas kleiner in Frankreich. Die 230 Millionen würden demgegenüber untergehen. Robert Senz kommt daher zu einem vernichtenden Urteil: die projektbezogenen Bonds seien eine Alibiaktion.

Europäische Politik zu zögerlich

Was aber würden die Investoren an den Anleihenmärkten ernst nehmen? Wäre die zehnfache, oder sogar die hundertfache Summe notwendig? Das lasse sich nicht so einfach beantworten, sagt der Experte von Raiffeisen. Entscheidend sei ein glaubwürdiges Vorgehen der europäischen Politik, das System zu verteidigen. Dieses Signal werde aber nicht ausgesandt, es gebe immer nur zögerliche Schritte, die in ihrer Wirkung begrenzt seien.

Ausweg: Umstrittene Eurobonds

Hier allerdings kommt das alte Problem ins Spiel. Die ursprünglich angedachten Eurobonds, also gemeinsame europäische Staatsanleihen scheitern am Widerstand von Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Denn die Eurobonds würden eine Vergemeinschaftung der Schulden im großen Stil bringen - zu Lasten der Steuerzahler in Österreich oder Deutschland.

Dabei wären gemeinsame europäische Staatsanleihen ein wirklich starkes Signal an die Märkte, sagt Anleihespezialist Robert Senz. Doch diese gemeinsamen europäischen Staatsanleihen sind wie gesagt, noch in weiter Ferne.