"Merkollande" kommt nicht nahtlos

Hollande zeigt in EU Flagge gegenüber Merkel

Der nächtliche EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel ist ganz im Zeichen des neuen französischen Präsidenten gestanden. Francois Hollande hatte seinen ersten Auftritt im Kreis der EU-Partner. Und er hat klar gemacht: Die deutsch-französische Achse Merkozy wird nicht nahtlos übergehen in Merkollande.

Mittagsjournal, 24.5.2012

Aus Brüssel,

Hollande steckt Themen ab

Es war ein EU-Gipfel ganz allein für Francois Hollande. Schon das Gipfelthema Wachstum war auf ihn zugeschnitten und der neue französische Präsident wollte mit allen Mitteln signalisieren, dass sich mit ihm die Zeiten ändern. Das heißt vor allem, sich abzuheben vom Vorgänger Nicholas Sarkozy - mit vielen Botschaften fürs französische Publikum. Das beginnt bei der Anreise von Paris mit dem Zug und der Rückreise spätnachts mit dem Auto statt in der Präsidentenmaschine und muss sich in Brüssel in der Distanzierung zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel äußern. Merkozy ist Vergangenheit und Merkollande wird so schnell nicht kommen - auch wenn Hollande den Eindruck des offenen Krachs vermeiden will: Es gab keinen Streit mit Merkel, aber natürlich einen Meinungsaustausch.

Kühle Distanz zu Merkel

Doch schon die Begrüßung der deutschen Kanzlerin blieb eher kühl im Vergleich zum trauten tete-a-tete zwischen Merkel und Sarkozy. Und schon bei der Ankunft haben sowohl der französische Präsident als auch die deutsche Kanzlerin ihre roten Linien deutlich gemacht. Keine Eurobonds, also gemeinsame Anleihen mit gemeinsamer Haftung zur Lösung der Schuldenkrise, sagte Merkel. Hollande bleibt aber bei seiner Forderung.

Für Finanztransaktionssteuer

Auch beim Thema Wachstum setzt sich Hollande von Merkel ab. Während Deutschland für Reformen in den hinterherhinkenden Ländern plädiert, die mittelfristig wieder Wachstum ermöglichen sollen, plädiert Hollande dafür, Geld in die Hand nehmen, um Investitionen anzukurbeln. Geld, das am besten aus einer Finanztransaktionssteuer kommen soll: Mittel aus einer Finanztransaktionssteuer könnten einem eigenen Fonds zukommen, der dann Investitionen in Europa fördert.

Dominanz Merkels gebrochen

Damit war das gestrige Abendessen, das sich bis in die Nachtstunden gezogen hat, auch der erste Gipfel seit dem Hochkochen der Eurokrise, der nicht von Angela Merkel dominiert wurde. Freilich ist es beim gestrigen informellen Treffen auch nur um Meinungsaustausch gegangen. Beschlüsse zur Wachstumsförderung sollen erst beim nächsten regulären Gipfel Ende Juni fallen. Bis dahin ist auch die französische Parlamentswahl geschlagen - wahrscheinlich bessere Voraussetzungen für Kompromisse als Wahlkampfzeiten.