Experte: "Typisch österreichische Lösung"

Kritik an Gesundheitsreform

Die nun angeblich grundsätzlich fixierte Gesundheitsreform verdient nach Ansicht des Gesundheitsexperten Ernest Pichlbauer den Namen nicht. Pichlbauer spricht im Ö1-Interview von einer "typisch österreichischen Lösung".

Morgenjournal, 13.6.2012

Gesundheitsexperte Ernest Pichlbauer im Gespräch mit Wolfgang Wittmann

"Nicht gut für die Patienten"

Die getroffene Vereinbarung sei nichts anderes als eine "Spitalsrettungsreform", die im Wesentlichen die Wünsche der Länder berücksichtige. Und weil das alles sehr teuer sei, "kann's für die Patienten nicht gut sein." Außerdem habe es genau die gleiche Vereinbarung bereits 2005 gegeben, erinnert der Experte. Auch damals sei bereits festgelegt worden, dass man gemeinsam planen müsse, ebenfalls inklusive Bund, Länder und Sozialversicherungen. "All das steht jetzt auch wieder auf einem Papier, und deswegen halte ich von dem, was geschrieben ist, nicht viel."

Kein Sparkurs in Spitälern

Außerdem: Wenn es nach den Zahlen gehe, "dann haben nur die Länder gewonnen". Die treffende Schlagzeile wäre eher "Alter Wein in neuen Schläuchen", bestätigt der Experte, "und wenn das ein Politiker ehrlich sagen würde, dann wäre ich verblüfft." Auch wenn uns anderes verkauft werde, in den Spitälern werde nicht gespart, sagt Pichlbauer. Die würden genauso finanziert wie in der Vergangenheit. Weitere Einsparungen erwartet er hingegen im Krankenkassenbereich.

Sanktionen "nur einvernehmlich"

Die Sicherung des hohen medizinischen Standards sei mit dieser Vereinbarung jedenfalls nicht gegeben, kritisiert Pichlbauer. Vor allem bemängelt er, dass Sanktionen "nur einvernehmlich" vorgesehen sind, wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden. Die Vereinbarung kann aber auch nicht platzen, sagt Pichlbauer: "Weil das was drinsteht so lose und weich ist, dass am Ende des Tages alles als Erfolg und Reform verkauft werden kann." Im Detail betrachtet sei klar, dass die Systeme der Länder und der Sozialversicherung nicht zusammenwachsen werden.

Eine echte Reform des Gesundheitswesens wäre nach Ansicht des Experten eine Einigung, dass weniger Geld in die Spitäler und mehr Geld in die Krankenkassen fließt.