60 Jahre Österreichisches Wörterbuch
Generationen von Schülerinnen und Schülern hat es begleitet, nun ist es in die Jahre gekommen, aber so frisch und umfangreich wie noch nie: Vor 60 Jahren ist das "Österreichische Wörterbuch" erstmals erschienen. Mittlerweile hat es sich längst auch über die Schule hinaus als gängiges Nachschlagewerk etabliert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.6.2012
90.000 Begriffe im Österreichischen Wörterbuch
Mögen seinerzeit auch einige Sprachpuristen skeptisch gewesen sein, die 60 Jahre des Österreichischen Wörterbuchs (ÖWB) gleichen einer Erfolgsära. Von 22.500 Stichwörtern im Jahr 1952 ist es in der soeben erschienenen 42. Auflage auf mittlerweile 90.000 Begriffe angewachsen.
Zur Feier des Jahres hat sich das ÖWB neben Begriffen wie Zentralmatura oder Rettungsgasse gleich selbst als neues Stichwort in sich aufgenommen, freut sich der Grazer Germanist Herbert Fussy, langjähriger Chefredakteur des Werks und passionierter Wörterbuch-Fex.
"Ratingagentur" und "unkaputtbar"
8.000 Begriffe sind seit der letzten Auflage dazugekommen, darunter die epochemachenden aber nicht gerade freudvollen Wörter Eurorettungsschirm und Ratingagentur, aber immerhin auch fröhlichere Vokabel wie: "Twitter oder wenn man Dinge macht wie ein SMS verschicken, dann heißt das bei uns smsen, die Deutschen simsen lieber. Bei uns fast nicht gebräuchliche Wörter wie verschlimmbessern haben Schule gemacht und was kaputt ist, kann auch unkaputtbar sein. In der Werbung ist das ein Wort, das unglaublich oft vorkommt", sagt Fussy.
Natürlich kämen auch Vorwürfe, "warum wir solchen Unsinn aufnehmen, ein Wort wie unkaputtbar, aber es ist einfach ein Wort der Werbung und der Sprache und wir können es nicht vermissen. Wir wollen solche Wörter auch propagieren. Wir schreiben dazu salopp oder umgangssprachlich, aber verzichten können wir darauf nicht."
Sprachschatz Moden unterworfen
Das Österreichische Wörterbuch dient der Feststellung der Sprache und nicht ihrem moralischen Schutz. Dadurch ist der darin enthaltene Sprachschatz bestimmten Moden unterworfen, sagt Herbert Fussy.
Er wehre sich zwar vehement dagegen, ältere Wörter zu streichen, "aber wenn meine Berater mir sagen, die Ambulanzgebühr gehört raus, weil sie eh schon obsolet ist, dann machen wir das. Oder ein uraltes Wort wie Krummhorn. Oder wenn heutzutage kein Moorhuhn mehr gespielt wird, dann haben wir das berücksichtigt und haben das Moorhuhn gestrichen."
Keine Onlineversion
Als Überflieger hält sich das Gerücht, das Österreichische Wörterbuch dokumentiere ausschließlich Dialektausdrücke. Das findet Fussy eigenartig: "Manche glauben, im Österreichischen Wörterbuch sind nur Austriazismen drin, nur typisch österreichische Wörter wie Marille oder Matura. Dem ist nicht so. Wir dokumentieren den Wortschatz, wie er in Österreich gesprochen wird und da ist es so, dass der Einfluss aus der Bundesrepublik Deutschland sehr, sehr groß ist. Manche Dinge werden bei uns so häufig gesagt, dass man überhaupt nicht mehr erkennen kann, dass das Wort deutschen Ursprungs ist, zum Beispiel lecker."
Eines, so Chefredakteur Herbert Fussy, wird es übrigens in absehbarer Zeit nicht geben: eine Online-Ausgabe des Österreichischen Wörterbuchs. Denn das haptische Vergnügen des Blätterns soll nicht verloren gehen.