Rumänischer Machtkampf:Sorgen in Brüssel

Der politische Machtkampf in Rumänien ruft jetzt auch die EU auf den Plan. Die Kommission hält die Lage unter Beobachtung. Konservative Politiker sehen die EU-Grundwerte durch das rumänische Mitte-Links-Bündnis sozial-liberale Union verletzt und fordern deshalb ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages.

Morgenjournal, 6.7.2012

Sabine Schuster berichtet aus Brüssel.

"Ernsthaft in Sorge"

Der sozialistische Premier Ponta gegen den bürgerlichen Präsidenten Basescu - dieser rumänische Machtkampf wird in Brüssel mit Sorge verfolgt. Justizkommissarin Viviane Reding stellt klar, dass ein unabhängiges Justizsystem eine Vorbedingung für gegenseitiges Vertrauen sei. Reding hat ihre Betroffenheit via Kurznachrichtendienst Twitter auf Rumänisch und Englisch ins Internet stellt. Ihre Sprecherin zitiert: "Ich bin ernsthaft in Sorge wegen der jüngsten Angriffe auf das unabhängige Verfassungsgericht Rumäniens."

Konservative alarmiert

Der Anlass der Besorgnis: Die Verfassungsrichter haben entschieden, dass nicht Premier Ponta, sondern Präsident Basescu Rumänien beim EU-Gipfel vertritt, Ponta hat dieses Urteil ignoriert und die Befugnisse des Verfassungsgerichts jetzt per Dringlichkeitsverordnung eingeschränkt. Für konservative EU-Politiker wie den Christsozialen Markus Ferber ist das ein Verstoß gegen die Prinzipien der EU. Er will daher ein Verfahren zum Entzug des Stimmrechts im EU-Rat einleiten: "Hier geht es darum ein unabhängiges Gericht willfährig zu machen. Wenn die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr ist, muss man tätig werden. Und wenn sich in Rumänien nichts verbessert, dann muss es auch die vorgesehene Sanktion geben, nämlich den Stimmrechtsentzug."

Gelassenheit von links

Die Sozialdemokraten stellen sich hinter ihren Gesinnungsgenossen Ponta. Für den Fraktionsvorsitzenden der europäischen Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, handelt es sich um eine innerrumänische Angelegenheit, denn die Richter seien parteipolitisch bestellt worden: "Natürlich muss die Justiz unabhängig werden. Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass es ein neues, objektives Verfahren für die Ernennung der Verfassungsrichter gibt, so dass weder der Präsident noch die Regierung einseitig Bestellungen vornehmen können." Schon in der Vergangenheit sei der Rechtsstaat "ein bisschen gebogen worden". Er werde aber nicht auf die Kritik derer aufspringen, die sich darüber ärgern, dass es in Rumänien einen Regierungswechsel gegeben hat.

Thema für "Fortschrittsbericht"

Premier Ponta will seinen politischen Widersacher Präsident Basescu heute jedenfalls suspendieren lassen, die Rumänen müssten dann - verfassungskonform - innerhalb von 30 Tagen über eine endgültige Absetzung entscheiden. Brüssel beobachtet Bukarest genau. Demnächst steht ein neuer Fortschrittsbericht der EU-Kommission über das rumänische Justizwesen an, der angesichts der aktuellen Entwicklungen äußert negativ ausfallen und damit die Aufnahme Rumäniens in den Schengen-Raum in weite Ferne rücken könnte.

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