Das Kulturprogramm zu den Olympischen Spielen

Vor hundert Jahren wurden bei den Olympischen Spielen noch Medaillen in Lyrik vergeben, in Musik, Malerei und Bildhauerei, und in Architektur. Bis 1948 waren die Kunstbewerbe Teil des olympischen Programms, dann hat man sich ganz auf den Sport konzentriert.

Heuer in London ist Kultur nur Rahmenprogramm, aber die Londoner geben sich Mühe und bieten ein Kulturprogramm wie keine Olympiastadt zuvor. 25.000 Künstler, 900 Veranstaltungen, 137 Weltpremieren, das meiste davon gratis - so einige Zahlen, auf die die Veranstalter verweisen.

Mittagsjournal, 16.7.2012

Bettina Madlener hat sich in London das mit Kultur-Gusto-Stücken gespickte Programm angeschaut.

Wenn plötzlich Akrobaten vor der Tower Bridge auftauchen, Dinosaurier durch die Oxford Street laufen, Ballett im Schwimmbad stattfindet und alte BMW-Modelle zu Jeff Koons' Kunstwerken werden, dann kann sich der Zuschauer sicher sein, es ist Kultur-Olympiade-Zeit.

Die Organisatoren wollen die Zuschauer Kultur auf eine ganz andere Art erleben lassen, das Royal Opera House lädt zur neu kommissionierten Oper "Die Eule und das Kätzchen" ein, nach einem Gedicht von Edward Lear, geschrieben von Monty-Python-Mitglied Terry Jones. Aufgeführt wird sie an den Londoner Kanälen, sagt Regisseur Martin Constantine:

"Die Oper passt zur Tradition der englischen Absurdität und des Surrealismus, Terry Jones erzählt wie die beiden alle Hindernisse überwinden und wie die Liebe am Ende siegt. Die Oper wird zuerst in Westlondon aufgeführt und dann wechseln wir in den Osten bis wir im Olympischen Park sind."

Es ist die erste Freiluftoper an den Londoner Kanälen, die Schauplätze sind in keinem Reiseführer zu finden, sagt Constantine: "Es ist aufregend, die Möglichkeit zu haben, Teile Londons kennenzulernen, die man noch nie gesehen hat. Als Tourist erlebt man völlig neue Plätze, die faszinierend sind."

Die singende Skulptur

Ein weiteres eher unbekanntes Juwel ist Fairlop Waters im Londoner Stadtteil Redbridge, ein Naturreservat, das die Künstlerin Mira Calix für ihre vier Meter hohe Steinskulptur gewählt hat. "Die Überraschung ist, die Skulptur ist musikalisch, sie reagiert auf die Öffentlichkeit", so Calix. "Wenn niemand dort ist, ist sie still, aber wenn jemand in ihren Bereich eintritt, erkennen das die Sensoren. Die Skulptur wird durch Bewegung beeinflusst."

Passanten haben gar keine Zeit für die Qual der Wahl, Kultur passiert in diesem Sommer auf Schritt und Tritt, sagt Justine Simons, Kulturchefin im Londoner Rathaus. Viele Veranstaltungen sind eine Überraschung, wie zum Beispiel Pop-up-Shakespeare: 50 Shakespeare Darsteller regen die Öffentlichkeit zum Dialog an. Was passiert genau?

"Das ist eine Überraschung", sagt Justine Simon, "ich kann es Ihnen nicht verraten. Wir wollen keine Vorstellung auf der Bühne, es soll eine spontane Situation sein, in der sich die Leute wiederfinden. Es kann überall passieren, in der U-Bahn, im Park und in der Stadt."

Viele Veranstaltungen mit Gratis-Eintritt

London feiert bei der Kultur-Olympiade seine Diversität, junge Menschen aus aller Welt sollen angesprochen werden. Viele Veranstaltungen sind gratis, die Kosten tragen private Sponsoren, die Regierung und Kulturinstitutionen. Kultur für alle möglich machen, ist das Ziel. Dem Spektakel gehen vier Jahre Planung voraus, sagt Simons:

"Die Athleten haben viele Jahre daran gearbeitet, für die Spiele ihre Bestform zu erreichen, die gleiche Herausforderung nehmen die Künstler an, wir wollen mit britischen und internationalen Künstlern eine Weltklasse-Show abliefern."

Die Kultur-Olympiade ist das größte Festival in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele, Großbritannien holt damit jetzt schon Gold.

Service

"Kulturmontag aus London", heute, 22:30 Uhr, ORF 2

tv.ORF.at - Kulturmontag