Kindesmisshandlung: Zu viel Datenschutz?

Strenge Datenschutzbestimmungen verhindern den Schutz misshandelter Kinder, kritisieren österreichische Kinderärzte. Die Kinderschutzgruppen in den Spitälern würden die Kinder nach der Entlassung aus den Augen verlieren und keine Information mehr von der Jugendwohlfahrt bekommen. Das Gesundheitsministerium fordert eine Lockerung des Datenschutzes.

Morgenjournal, 17.7.2012

Keine Rückmeldung

"Wir verstehen das Anliegen der Ärzte", sagt Gerhard Aigner, Sektionschef im Gesundheitsministerium. Denn die Kinderschutzgruppen in den Spitälern versorgen die Kinder medizinisch und psychologisch, entscheiden ob Anzeige erstattet wird - und bekommen nach deren Entlassung aus Datenschutzgründen keine Auskunft mehr, etwa eine Rückmeldung, ob der Misshandlungsverdacht zu Recht bestanden hatte.

Gesetzliche Lösung umstritten

Schon mehrmals sei das Gesundheitsministerium an das Familienministerium herangetreten und habe jedes Mal eine Abfuhr kassiert - mit den Argumenten Datenschutz und Amtsverschwiegenheit, sagt Gerhard Aigner. Das seien gewichtige Argumente, eine gesetzliche Lösung wäre aber schön, so Aigner.

Das Familienministerium argumentiert, man sei grundsätzlich diskussionsbereit, es dürften aber nur Informationen weitergegeben werden, die den Kindern wirklich mehr Schutz bringen. Die Schwierigkeit in der Praxis: Eine Neuregelung müsste in das Kinder- und Jugendhilfegesetz aufgenommen werden, über das Ministerium und Bundesländer schon seit Jahren erfolglos verhandeln.

Problemlösung durch ELGA?

Ebenso seit Jahren fordern die Unfallchirurgen ein Kinder- und Gewaltschutzregister. Dort wollen sie nachschauen, ob ein Kind mit denselben Verletzungen schon in einem anderen Spital behandelt worden ist. Dazu wiederum kommt ein klares Nein des Sektionschefs, der das gleich mit der Forderung nach der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) verbindet. Denn damit wären alle diese Fragen gelöst, so Aigner.

Die Zahl der Anzeigen steigt jedenfalls: im Vorjahr mehr als 2.000 wegen Körperverletzung, mehr als 200 wegen Vernachlässigung und 700 wegen sexueller Gewalt.

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