Experte: Ärztemangel "virtuell"

Der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer kritisiert die von Ärztekammer, Gesundheits- und Wissenschaftsministerium erstellte Studie über drohenden Ärztemangel. Die Studie diene nur dazu, politische Interessen zu bedienen. Pichlbauer spricht von einem "virtuellen Mangel" und regt an, das öffentliche Ärztesystem attraktiver zu machen.

Morgenjournal, 21.7.2012

Der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer im Gespräch mit Christian Williwald

Engpass nur öffentlich

Es werde "definitiv" nicht zu wenige Ärzte geben, sagt Pichlbauer im Ö1 Morgenjournal. "Virtuellen Mangel" werde es aber im öffentlichen Versorgungssystem geben - "das so unattraktiv ist, dass die Ärzte scharenweise in den Wahlarztsektor ausweichen. Die Ärzte werden dem öffentlichen Sektor den Rücken kehren, und das scheint dann als Ärztemangel auf, ist aber keiner."

Medizinstudenten aufs Land führen

Um den drohenden Ärzteengpass im öffentlichen System abzuwenden, müssten die Politiker das Problem einmal erkennen, kritisiert Pichlbauer. Statt dessen versuchten sie nur, "hinten mehr nachzuschieben." Das werde aber nicht funktionieren. Beispiele in anderen Ländern würden zeigen, dass man den Hausarztberuf schon während des Studiums attraktiver machen müsse etwa durch Lehrpraxen - "dann bleiben die Leute auch auf dem Land."

Arztberuf muss Spaß machen

Österreich bilde nicht zu wenige, sondern zu viele Ärzte aus, sagt Pichlbauer. Die Ausbildung insgesamt müsse aber verbessert werden. Insgesamt müssten die Arbeitsbedingungen wieder so sein, dass die Ärzte "Spaß haben an einem Beruf im öffentlichen Versorgungssystem - von den Dienstzeiten bis hin zu den Honoraren."