Syrien: 200.000 Menschen fliehen aus Aleppo

In Syriens wichtigster Wirtschaftsmetropole Aleppo gehen die Kämpfe unvermindert weiter, zahlreiche Wohnviertel stehen unter Beschuss. Wer in dem blutigen Konflikt zwischen Regimekämpfern und Rebellen die Oberhand hat, ist derzeit ungewiss. Für die Bewohner Aleppos ist das zweitrangig, sie flüchten um ihr Leben.

Großoffensive mit Kollateralschäden

Die syrische Armee geht mit Panzern, Kampfhubschraubern und schwerer Artillerie gegen die Rebellen vor und nimmt dabei offenbar auch zivile Opfer in Kauf. Aus zahlreichen dicht bewohnten Vierteln steigt Rauch auf. Die Militärs haben es vor allem auf den südwestlichen Stadtteil Salahaddin abgesehen, dem wichtigsten Stützpunkt der Oppositionellen.

Dort habe man bereits erste Erfolge erzielt, berichtet ein syrischer Offizier. Man habe den Stadtteil "von den Terroristen befreit", in drei Tagen werde Aleppo wieder sicher sein. Auch das syrische Staatsfernsehen berichtet von der Festnahme zahlreicher Rebellen. Unter den bewaffneten Rebellen seien Söldner aus dem Jemen, Saudi Arabien, Afghanistan, der Türkei, manche stammten gar aus Somalia. "Gottseidank haben wir sie alle eliminiert."

"Propaganda" auf beiden Seiten

"Reine Propaganda", kontern hingegen die syrischen Rebellen. Sie haben nach eigenen Angaben den strategisch wichtigen Checkpoint Anadan - mehrere Kilometer nördlich von Aleppo - eingenommen. Dabei handelt es sich um eine wichtige Nachschubroute zur türkischen Grenze, die ihnen helfen könnte, sich aus der Türkei mit Lebensmitteln und Waffen zu versorgen.

Die Lage für die Bevölkerung wird unterdessen immer schwieriger. Es gebe keine Möglichkeit mehr die Stadt zu verlassen, klagen viele Bewohner. Wasser und Lebensmittel würden langsam knapp. In den vergangenen 48 Stunden sind laut Zählungen von Menschenrechtsorganisationen mehr als 200.000 Menschen aus Aleppo geflohen. Viele dürften ihre Flucht mit dem Leben bezahlt haben.

Zivilbevölkerung flieht nach Jordanien

In Jordanien ist gestern das erste offizielle Flüchtlingslager eröffnet worden. Man tue alles, um der syrischen Bevölkerung zu helfen, so der jordanische Außenminister Nasser Dschawdeh. Täglich kommen im Durchschnitt 1.000 bis 2.000 syrische Flüchtlinge nach Jordanien. Nach Angaben des jordanischen Außenministers ist das Lager für bis zu 120.000 Flüchtlinge ausgelegt. Derzeit sollen sich mehr als 142.000 Syrer in Jordanien befinden.

Mittagsjournal, 30.7.2012

Verena Gleitsmann

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