USA: Abtreibung dominiert plötzlich Wahlkampf

Im US-Wahlkampf dreht sich im Moment alles um das Thema Abtreibung. Dafür sorgt Todd Akin, ein Abgeordneter aus dem Bundesstaat Missouri. Er vertritt die Ansicht, dass der weibliche Körper "im Falle einer echten Vergewaltigung eine Schwangerschaft von sich aus verhindern könne". Das geht selbst vielen Republikanern zu weit.

Morgenjournal, 23.8.2012

ORF-Korrespondent Hanno Settele berichtet aus Washington.

Einstellung kommt bei Frauen nicht gut an

Es hätte so schnell vorbeisein können. Todd Akin, der Republikaner, der jüngst von "legitimate rape", also etwa einer "echten Vergewaltigung" schwadronierte, so als ob es auch unechte geben würde, hätte schnell zurücktreten können. Die Partei hätte ihn als Einzelfall dargestellt und Mitt Romney, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, hätte wieder zu seinem Lieblingsthema, der schwächelnden Wirtschaft übergehen können.

Doch es kam anders. Todd Akin, der 65-jährige Abgeordnete und Senatskandidat aus Missouri, weigert sich allen Aufrufen zum Trotz, den Weg für jemand anderen frei zu machen. Für die Republikaner ist das bedauerlich, denn nicht nur besteht die Gefahr, dass Akin die Wahl und damit einen Sitz für die Republikaner im Senat verliert, noch dazu diskutiert jetzt das ganze Land über die Republikaner und ihre Einstellung zur Abtreibung; und die kommt bei der Mehrzahl der Frauen in den USA nicht gut an.

Romney von Akins Inspirationsquelle unterstützt

Das hat Mitt Romney erkannt und verurteilt Akins Äußerungen: "Seine Aussagen waren empörend, abstoßend und falsch." Der Arzt, auf den sich Todd Akin bei seinen Aussagen bezog, heißt Jack Wilke. Den Schwachsinn, wonach der weibliche Körper nach einer Vergewaltigung willentlich eine Schwangerschaft verhindern könne, verbreitet Doktor Wilke schon seit vielen Jahren. Seine Aussagen dazu sind lange bekannt und in Medizinerkreisen geächtet.

Das hat Mitt Romney im Jahr 2007 aber nicht davon abgehalten, eben diesen Doktor Wilke als wichtigen Unterstützer seiner damaligen Kampagne zu begrüßen. 2007 schrieb Romney, nachdem sich Wilke öffentlich für ihn ausgesprochen hatte, dass er, Romney, stolz darauf sei, dass ein Mann, der so viel für die Anti-Abtreibungs-Bewegung in den USA getan habe, nun seine, Romneys, Kandidatur unterstütze.

Akin kommt nicht zum Parteitag

Wahlkampftechnisch ist den Demokraten jeder Tag, über den Todd Akin und Abtreibung und nicht über die Wirtschaftslage im Land geredet wird, nur recht. Das weiß man auch in der republikanischen Partei und so war es Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan, der zum Hörer griff, um Akin zum Rückzug zu bewegen. Umsonst, wie Akin schildert: "Ryan hat mich angerufen und ich habe ihm gesagt, dass ich überlegen werde. Es geht ja nicht um mich, sondern darum, das Richtige zu tun und seinen Prinzipien treu zu bleiben."

Akin, ein frühes Mitglied der Tea-Party-Bewegung, verliert auch die Unterstützung einer wichtigen Stimme innerhalb der Tea Party. Sarah Palin meinte in seine Richtung, dass er Platz machen solle. Man müsse wissen, sagte Palin in Anspielung auf das Pokerspiel, wann man die Karten behalten soll und wann man sie hinlegen sollte.

Zum Parteitag der Republikaner wird Akin nicht kommen. Das hätte der Konfetti-Feier in Tampa, Florida, die nächste Woche beginnt, aus Sicht der Republikaner gerade noch gefehlt. Es reicht schon, dass sich derzeit ein Hurrikan in der Karibik zusammenbraut, der Tampa punktgenau nächste Woche erreichen dürfte.

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